Prokōp

[375] Prokōp, 1) Markgraf von Mähren, geb. 1355, gest. 1405, war der zweite Sohn des mährischen Markgrafen [375] Johann Heinrich, des Bruders Kaiser Karls IV. Nach dem Tode des Vaters (1375) erhielt er ebenso wie der jüngste Bruder, Johann Sobeslaus, eine Anzahl von Städten in Mähren nebst dem Titel eines Markgrafen, stand aber unter der Oberhoheit des ältesten Bruders, Jost (Jodocus, s. d.). Aus unbekannten Gründen brachen schon 1380 ernste Feindseligkeiten zwischen den Brüdern aus, und als Jost mit König Wenzel von Böhmen in Krieg geriet (1393), trat P. auf die Seite des letztern. Die Schäden, die V. in seinem Kampfe gegen Jost der Olmützer Kirche zufügte, führten zu seiner Exkommunikation (1399). Als König Wenzel 1402 von seinem Bruder Siegmund gefangen genommen wurde, suchte P. den deutschen König Ruprecht zum Kriege gegen Siegmund zu bewegen, wurde aber gleichfalls von Siegmund in Hast genommen und nach Preßburg gebracht, aber schon 1403 freigelassen. Vgl. Wolny, Exkommunikation des Markgrafen von Mähren P. (im »Archiv für österreichische Geschichte«, Bd. 8, Wien 1852).

2) P. der Große, als ehemaliger Mönch auch P. Holy, der »Geschorne« oder der »Kahle«, genannt, berühmter Heerführer der Hussiten, geb. um 1380 in Böhmen, machte früh mit seinem Oheim, einem Prager Großkaufmann, weite Reisen, die ihn bis nach Jerusalem führten, widmete sich aber dann dem geistlichen Stande. Beim Ausbruch des Hussitenkampfes fand er sich bald unter Zizkas Fahnen ein und stieg rasch bis zum Feldhauptmann. Nach dessen Tode zum Oberanführer der Taboriten ernannt, obwohl er nicht selbst die Waffen führte, entriß er 1425 den Sachsen Dux, siegte, von den Pragern unter Korybut unterstützt, 16. Juni 1426 bei Aussig über die Deutschen, schlug darauf im November d. J. Herzog Albrecht von Österreich bei Lundenburg und verwüstete im Frühjahr 1427 Österreich bis an die Donau. Nachdem er ein neues deutsches Kreuzheer 2. Aug. d. J. bei Tachau in die Flucht geschlagen, stürzte er die gemäßigte Partei der Hussiten und bemächtigte sich Prags. Auf seinen Antrieb unternahmen 1428–30 die Hussiten zahlreiche Raubzüge in die Nachbarlande Ungarn, Schlesien, Sachsen, Franken, die Lausitz und Meißen. Nachdem 1431 die zu Eger mit Siegmund gepflogenen Waffenstillstands-Unterhandlungen gescheitert waren, schlug P. das deutsche Heer bei Tauß 14. Aug. abermals in schmähliche Flucht und drang nordwärts bis Frankfurt a. O. vor. Als die gemäßigten Kalixtiner 1433 die Prager Kompaktaten abschlossen, zog P. gegen sie, erlitt aber bei Lipan, unweit Böhmisch-Brod, 30. Mai 1434 eine vollständige Niederlage und fand selbst in der Mitte der Feinde den Tod.

3) P. (Procupek) der Kleine, nach Zizkas Tod Heerführer der Orphaniten oder Waisen, befehligte unter P. d. Gr. diese bei Tauß (1431) und auf vielen Plünderungszügen nach Mähren, Schlesien, Brandenburg und fiel bei Lipan an der Seite Prokops d. Gr. 30. Mai 1434.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 375-376.
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