Punkt

[456] Punkt (Punctum), Interpunktionszeichen, das in ältern Inschriften hinter jedem einzelnen Worte steht, um es von dem folgenden zu trennen, hinter einzelnen Buchstaben aber andeutet, daß es abgekürzte Wörter sind, wie A. (Aulus), z. B. (zum Beispiel) etc. Alseigentliches Interpunktionszeichen steht der P. am Ende eines Satzes oder einer Periode (vgl. Interpunktion). – In der Geometrie ist der P. das einfachste Gebilde, das der Untersuchung zugrunde gelegt wird, das nicht weiter zerlegbare Element, durch dessen Bewegung man sich zusammengesetzte geometrische Gebilde erzeugt denkt: durch die Bewegung eines Punktes wird eine Linie erzeugt, durch die Bewegung einer Linie eine Fläche, durch die Bewegung einer Fläche ein Körper. Aber diese Auffassung hat gewisse Schwierigkeiten, nicht bloß weil es kaum möglich ist, eine gute Erklärung des Punktes zu geben, ohne vorher die Begriffe Körper, Fläche und Linie einzuführen (die Euklidische Erklärung: »Was keine Teile hat, ist ein P.«, ist ganz unbefriedigend), sondern auch aus andern Gründen. Man tut daher am besten, wie es gewöhnlich geschieht, zu sagen: die Grenze eines Körpers nennt man Fläche, die Grenze einer Fläche nennt man Linie, die Grenzen einer Linie heißen Punkte. In der Arithmetik ist der P. das Zeichen der Multiplikation. – In der Musik ist ein P. über oder unter der Note das Zeichen des Staccatovortrags, dagegen rechts neben der Note das der Verlängerung der Geltung derselben um die Hälfte (vgl. Noten). Letztere Bedeutung ist das letzte Überbleibsel einer vielgestaltigen Rolle, die der P. in der ältern Mensuralmusik zu spielen hatte, nämlich als Mittel, das Zusammenrechnen einer direkt folgenden Note zu höhern Einheiten zu verhüten, also als Trennungszeichen in dem Sinn unsers seit 1600 gebräuchlichen Taktstrichs. Ein P. im Kreis Bild im Fließtext der Halbkreis Bild im Fließtext bedeutete früher die Dreiteiligkeit der Semibrevis (ganzen Taktnote). – Über Punkte als Bewertung für Körpereigenschaften und Leistungen s. Viehzucht (Exterieur). – Über typographische Punkte s. Kegel, S. 801.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 456.
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