Raczyński

[545] Raczyński (spr. raĭschinsli), ursprünglich Nalecz, eins der ältesten polnischen Dynastengeschlechter, blüht gegenwärtig in einer ältern (evangelischen) kurländischen und einer jüngern (katholischen) Posener Linie. Letzterer gehören an:

1) Edward, Graf, Sohn des poln. Generals Philipp R., geb. 1786 in Posen, gest. 20. Jan. 1845, studierte in Frankfurt a. O., trat 1807 in die polnische Armee und machte die Kriege von 1807 und 1809 mit. Nachdem R. Schweden und Lappland besucht, reiste er 1814 nach der Türkei und Kleinasien, worüber er ein mit Kupfern ausgestattetes Werk (deutsch von F. H. v. d. Hagen, Bresl. 1824) schrieb. Außerdem gab er heraus: »Briefe des Königs Joh. Sobieski an die Königin Kasimiere während des Feldzugs vor Wien« (deutsch von Öchsle, Heilbr. 1827); »Denkwürdigkeiten zur Regierung des Königs Stephan Báthori«; Memoiren Passeks (deutsch von Steffens, Bresl. 1838), die »Obraz polakow i polski«, das Prachtwerk »Gabinet medalow polskich« (Bd. 1 u. 2, Berl. 1845; Bd. 3 u. 4, Pos. 1841–48), den »Codex dipl. Lithuaniae« (Bresl. 1845) und die »Erinnerungen an Großpolen«, mit prächtigem Atlas (Posen 1842–43, 2 Bde.). Für den Posener Dom ließ er von Rauch die Bildsäulen der Könige Mieczyslaw und Boleslaw Chrobry fertigen. Seine Bibliothek von 21,000 Bänden schenkte er nebst einem großen Gebäude der Stadt Posen. In einem Anfall von Melancholie erschoß er sich auf seinem Landgut Rogalin.

2) Athanasius, Graf, Bruder des vorigen, geb. 2. Mai 1788 in Posen, gest. 21. Aug. 1874 in Berlin, trat in preußische Staatsdienste, ward 1830 Geschäftsträger in Kopenhagen, 1842 Gesandter in Lissabon, 1848–52 in Madrid und lebte seitdem in Berlin. Auf seinen zahlreichen Reisen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz sammelte er eine wertvolle Galerie von Gemälden alter und neuerer Meister, die nach seinem Tode laut Testamentsbestimmung in die Verwaltung des preußischen Staates überging, zuerst in der Nationalgalerie aufgestellt und 1903 in das neuerbaute Kaiser Friedrich-Museum zu Posen überführt wurde. Er gab heraus: »Histoire de l'art moderneen Allemagne« (Par. 1836–41, 3 Bde. mit Kupfern; deutsch von F. H. v. d. Hagen, Berl. 1836–41); »Les artsen Portugal« (Par. 1846) und »Dictionnaire historico-artistique du Portugal« (das. 1847). Vgl. v. Donop, Verzeichnis der gräflich Raczynskischen Kunstsammlungen (Berl. 1886).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 545.
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