Raleigh [2]

[582] Raleigh (spr. raolì), Sir Walter, brit. Seeheld, geb. 1552 zu Hayes in der englischen Grafschaft Devon, gest. 29. Okt. 1618, studierte in Oxford, kämpfte 1569–76 in Frankreich auf seiten der Hugenotten, machte 1579 mit seinem Halbbruder Gilbert eine erfolgreiche Entdeckungsreise nach Nordamerika und nahm 1580–82 an der Unterdrückung des irischen Aufstandes hervorragenden Anteil. Demnächst fand er Zugang zum Hof und gewann die Gunst der Königin Elisabeth, mit der er in nahen und nicht völlig aufgeklärten Beziehungen stand. Sie ernannte ihn zum Vizeadmiral von Cornwallis und Devon, zum Oberaufseher der Zinnbergwerke in Devonshire und Cornwallis und zum Lord-Lieutenant letzterer Provinz sowie zum Kapitän der königlichen Leibwache und gewährte ihm 1584 ein Patent zur Entdeckung und Eroberung unbekannter Länder, auf Grund dessen R. mehrere Expeditionen nach Nordamerika sandte, durch welche die ersten, später ausgegebenen Niederlassungen in der Elisabeth zu Ehren Virginia genannten Kolonie gegründet wurden. Gegen die spanische Armada verstärkte R. 1588 die Flotte der Königin mit seinen eignen Schiffen. 1592 befehligte er ein Geschwader, das zur Wegnahme spanischer Schiffe in Westindien bestimmt war, und 1595 eine Flotte, die nach dem vermeintlichen Goldland Guayana segelte. 1596 nahm er an der Expedition gegen Cadiz teil, und 1597 war er Konteradmiral auf der gegen das spanische Amerika gerichteten Flotte unter dem Grafen Essex, von der sein Schiff indessen durch einen Sturm getrennt wurde. Von Essex nach der Insel Fayal beordert, nahm er eigenmächtig die Hauptstadt dieser Insel und entging nur durch die Verwendung des Grafen Howard kriegsgerichtlicher Bestrafung dafür. Seit 1600 Gouverneur von Jersey, gehörte er zu den Gegnern Jakobs I. und ward nach dessen Thronbesteigung, wahrscheinlich mit Unrecht, der Teilnahme an einer zugunsten der Arabella Stuart angezettelten Verschwörung verdächtigt. Das gegen ihn ausgesprochene Todesurteil wurde nicht vollzogen, aber R. wurde vom Dezember 1603 bis März 1616 in Gesellschaft seiner edlen Gattin im Tower gefangen gehalten. Während dieser Zeit schrieb er die ihrer Zeit geschätzte »History of the world« (Lond. 1730, 2 Bde.; Edinb. 1813, 5 Bde.). Nach dem Tode Arabellas 1616 wieder in Freiheit gesetzt, unternahm er 1617 mit sieben Kriegsschiffen eine neue Fahrt nach Guayana. Der König hatte ihm befohlen, Feindseligkeiten gegen die Spanier zu vermeiden; doch hielten sich seine Mannschaften nicht an diesen Befehl, sondern griffen eine spanische Stadt an und verbrannten sie. Infolgedessen ward R., als er ohne den geringsten Erfolg nach England zurückgekehrt war, auf die Forderung Spaniens verhaftet und politischen Rücksichten geopfert, indem der König das 1603 gegen ihn ausgesprochene Todesurteil nunmehr vollstrecken ließ. Seine »Complete works« wurden in 8 Bänden 1857 neu herausgegeben, die »Poems« allein von Hannah 1875 (neue Ausg. 1891). Sein Leben beschrieben Thomson (Lond. 1830), Tytler (neue Ausg. 1851), St. John (2. Aufl. 1870), Edwards (1868, 2 Bde.), Stebbing (1891, neue Ausg. 1899), in kürzerer Darstellung unter andern Louise Creighton (2. Aufl. 1882), Gosse (1886), M. A. S. Hume (in der Sammlung »Builders of Greater Britain«, 1897), J. A. Taylor (1902), Sir Rennell Rodd (2. Aufl. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 582.
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