Rufīnus

[238] Rufīnus, 1) oström. Staatsmann, aus Gallien gebürtig, kam unter Theodosius' I. Regierung an den Hof, wurde 392 Praefectus praetorio, bekleidete in demselben Jahre zusammen mit dem jungen Sohne des Kaisers, Arcadius, das Konsulat, wurde, als Theodosius 394 nach dem Westen zog, zusammen mit senem mit der Verwaltung der östlichen Provinzen betraut und übernahm 395 nach Theodosius' Tod für den schwachen Arcadius die Regierung des oströmischen Reiches. Eifersüchtig auf Stilicho, wies er dessen Hilfe gegen die Westgoten, die sich nach Theodosius' Tod erhoben hatten, zurück und gab das Land den Verwüstungen derselben preis. Er wurde schon im November 395 von Gainas, dem Befehlshaber der Truppen, die er nach Konstantinopel berufen, vielleicht im Auftrag Stilichos, ermordet.

2) Tyrannius, Kirchenschriftsteller, geb. um 345 bei Aquileja, gest. vermutlich 410 bei Antritt einer Reise ins Heilige Land an der sizilischen Küste, empfing 370 oder 371 in einem Kloster zu Aquileja die Taufe und trat in Beziehungen zu Hieronymus (s. d.). Nachdem er eine Zeitlang in der Ägyptischen Wüste, dann in Alexandria und Jerusalem gelebt, kehrte er 397 (398) nach Italien zurück und wurde 399 Presbyter in Aquileja. Mit Hieronymus hatte er sich im Streit über die Orthodoxie des Origenes bitter verfeindet. Seine Schriften (hrsg. von Vallarsi, Verona 1745; vollständig bei Migne, »Patrologie latine«, Bd. 21) sind größtenteils Übersetzungen aus dem Griechischen; R. verdanken wir die Erhaltung zahlreicher Homilien und des dogmatischen Hauptwerkes des Origenes, wodurch er selbst in den Geruch der Ketzerei geriet, auch der Kirchengeschichte des Eusebios (s. d. 1), zu der er in zwei Büchern eine Fortsetzung lieferte. Vgl. Ebert, Geschichte der christlich-lateinischen Literatur (2. Aufl., Leipz. 1889); Preuschen, Palladius[238] und R. (Gießen 1897); Schanz, Geschichte der römischen Literatur, 4. Teil (Münch. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 238-239.
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