Rum [1]

[248] Rum (in England und Frankreich auch Taffia, auf Ile de France und Madagaskar Guildive), aus Zuckerrohrmelasse dargestelltes alkoholisches Destillat. Ganz allgemein werden auch Abfälle von Zuckerrohr und Schaum, der bei Verarbeitung des Saftes auftritt (Stimmings), zugesetzt. Die zuckerhaltige Flüssigkeit wird mit der Schlempe (Dunder) von einer frühern Destillation versetzt und dann (ohne Zusatz von Hefe) der Gärung überlassen. Man zieht dann zuerst einen Lutter ab, der bei einer zweiten Destillation R. liefert. Durch Zusatz von gewissen Blättern oder Rinden erteilt man dem R. angenehmes Bukett. Dasjenige des Jamaikarums wird durch Zusatz von Zuckerrohrsaft bei der Gärung erzeugt, doch wirkt auch Essigsäure mit, die bei der Gärung entsteht und bei der Destillation Essigäther bildet. Junger R. ist farblos, rauh und herb und erhält Farbe und Blume erst nach längerm Lagern in eichenen Fässern. Man ersetzt aber die Wirkung der Zeit auch durch Zusatz von Ananassaft oder Butteräther und durch Färben mit Karamel. R. enthält 73–77 Proz. und mehr, gewöhnlich 74 Proz. Alkohol, außerdem höhere Alkohole, Aldehyde, freie Säuren (Ameisensäure, Essigsäure, Buttersäure, Kaprinsäure) und Ester sowie 0,029–0,842 Extrakt (Zucker und Mineralstoffe). Er wird hauptsächlich auf Jamaika, Cuba, St. Thomas, St. Croix, St. Vincent, Trinidad, Guadeloupe und Martinique, dann auch in Britisch- und Holländisch-Guayana, in Brasilien, auf Madagaskar und Mauritius dargestellt. Als der beste R. gilt bei uns der Jamaikarum, dann folgen der von Barbados und Antigua und der geringere von den Inseln unter dem Wind sowie der brasilische. Negerrum, aus Abfällen bereitet, wird nur in den Kolonien von Negern verbraucht. – Der meiste R. des Handels ist verfälscht. Echter R. wird mit Spiritus verschnitten und mit Zuckercouleur und Katechutinktur gefärbt. Am feinsten wird das Produkt, wenn man den Spiritus mit etwa gleichviel Wasser und etwas R. in die Blase bringt und so viel abdestilliert, daß das Destillat etwa die Stärke des Rums besitzt. Am besten eignet sich zu dieser Rumfabrikation verfeinerter Spiritus aus indischer Melasse, indischem Rohzucker oder Rübenzuckermelasse. Andrer Spiritus wird wohl über Zedernholzspäne destilliert. Man bereitet aber auch künstlichen R. (Façonrum), der gar keinen oder nur sehr geringe Mengen von echtem R. enthält. Er besteht vielmehr aus Spiritus und Wasser und erhält sein Aroma durch Rumessenzen (Rumöle), Gemische von Essigäther, Salpeterätherweingeist, Buttersäureäther, Ameisenäther, Birkenöl, Glanzrußtinktur, Eichenrindentinktur, Vanilletinktur etc. Der Rumäther des Handels besteht gegenwärtig meist aus reinem Ameisenäther. Auf Grund chemischer Untersuchungen läßt sich gegenwärtig kein zutreffendes Urteil über die Beschaffenheit einer Rumforte abgeben. Der Sachverständige unterscheidet viel sicherer durch Geruchs- und Geschmacksproben echten R. von unechtem. Die Produktion von echtem R. beträgt annähernd 60,000 hl. Von Façonrum versendet Hamburg allein jährlich über 10,000 hl nach Westafrika. Vgl. Herzfeld, Bericht über Versuche zur Darstellung rumartiger Produkte aus Rübensaft, Melasse und Rohrzucker (»Zeitschrift für Zuckerindustrie«, 1890); Sell, Über Kognak, R. und Arrak (Berl. 1891); Pairault, Le Rhum et sa fabrication (Par. 1903), und Literatur bei Artikel »Likör«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 248.
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