Salpetersaures Natron

[485] Salpetersaures Natron (Natronsalpeter, Würfel- oder kubischer Salpeter, Chili- oder Perusalpeter) NaNO3 findet sich, meist mit andern Salzen gemengt, in Spanien und in mehreren Teilen Indiens, in großer Menge aber nur in dem regenlosen Küstenstrich des westlichen Südamerika zwischen 19 und 25° südl. Br., besonders zwischen den Hafenstädten Iquique und Antofagasta, in einer Höhe von 1000 m ü. M. Ein andres bedeutendes Lager findet sich im transkaspischen Gebiet, namentlich bei Schorkala. Der südamerikanische Natronsalpeter (Caliche) bildet unter einer Sandschicht und einem Konglomerat aus Sand, Basaltgeröll, Kalk etc. mit kalkigkonigem Bindemittel (Costra) Lager von 0,2–5 m Stärke, die auf Kochsalz und mit diesem auf Ton und Letten liegen. Caliche enthält etwa 50–70 Proz. s. N., 17–30 Proz. Kochsalz, 1–6 Proz. Unlösliches, auch schwefelsaures Natron, schwefelsaure Magnesia, jodsaures Natron und andre Salze. Durch Auslaugen und Kristallisation gewinnt man daraus rohen Salpeter mit 95–96 Proz. Natriumnitrat. Die Mutterlauge ist reich an jodsauren Salzen und wird auf Jod (s. d.) verarbeitet. Aus dem Chilisalpeter gewinnt man durch nochmaliges Umkristallisieren oder Waschen mit einer Lösung von salpetersaurem Natron reines Salz. Dies bildet farblose, wasserfreie, würfelähnliche rhombische Kristalle vom spez. Gew. 2,09–2,229, schmeckt kühlend salzig, löst sich leicht und unter starker Temperaturerniedrigung in Wasser, und zwar lösen 100 Teile Wasser

Tabelle

Die gesättigte Lösung siedet bei 122°. Es schmilzt bei 316°, zerfällt in starker Hitze in salpetrigsaures Natron und Sauerstoff, verpufft beim Erhitzen mit Kohle schwächer als Kalisalpeter und zieht aus der Luft Feuchtigkeit an. Der Natronsalpeter dient zur Darstellung von Sauerstoff, Schwefelsäure, Salpetersäure, Kalisalpeter, arsensaurem Natron, Glühkohle, Sprengpulver, Chlor, Mennige, basischem Bleichlorid, als Oxydations- und Flußmittel bei Metallarbeiten, in großer Menge zur Stahl fabrikation, zur Gewinnung von Kupfer und Nickel, zur Reinigung des Ätznatrons und des Glases, zum Einpökeln von Fleisch, zur Regeneration des Braunsteins, als Arzneimittel und in der Landwirtschaft als Dünger. Letztere Verwendung hat seit 1888 besonders starken Aufschwung genommen, und gegenwärtig mögen 75 Proz. des Chilisalpeters als Dünger verbraucht werden. Die Erschöpfung der südamerikanischen Salpeterlager ist wiederholt für sehr nahe Zeit in Aussicht gestellt worden. Sicher ist, daß sie in etwa 50 Jahren eintreten wird, und zwar wegen der zunehmenden Schwierigkeiten unter beständiger Steigerung des Preises des Salpeters. Die Ausfuhr aus Chile wurde vom Salpetersyndikat für 1906/07 auf 43,5 Mill. spanische Zentner (zu 46 kg) festgesetzt, gegen 39 Mill. im Vorjahr. Deutschland führte 1905 ein 5,409,158 dz im Wert von 110,9 Mill. Mk. und aus 205,305 dz im Wert von 4,3 Mill. Mk. Die Säcke, in denen der Chilisalpeter versandt wird, können sich von selbst entzünden. Der Salpeterspeicher muß daher von andern Gebäuden getrennt und ganz aus Stein und Eisen erbaut sein. S. N. wurde zuerst 1683 von Bohn erwähnt, und 1821 entdeckte Mariano de Riviero den Chilisalpeter, der aber erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts größere Bedeutung gewann. Vgl. Stutzer, Der Chilisalpeter etc. als Düngemittel (Berl. 1886); Ochsenius, Die Bildung des Natronsalpeters aus Mutterlaugensalzen (Stuttg. 1887); Polakowsky, Der Chilisalpeter (2. Aufl., Berl. 1895); Plagemann, Geologisches über Salpeterbildung (Hamb. 1896); Semper und Michels, Die Salpeterindustrie Chiles (Berl. 1904); Weitz, Der Chilisalpeter als Düngemittel (das. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 485.
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