Samarkand [2]

[513] Samarkand, Hauptstadt der Provinz und des Kreises S. (s. oben), unter 19°39´ nördl. Br., 730 m ü. M., Station der zentralasiatischen Eisenbahn, 6 km südlich vom Flusse Serafschan in einer durch zahlreiche Kanäle aus dem Serafschan wohlbewässerten Ebene, besteht aus einer einheimischen und einer russischen Stadt. Die erstere, eng gebaut und schmutzig, ist von einer ganz verfallenen, 15 km langen Mauer umgeben, hat einen Platz, von den schönsten Medressen Turkistans umstanden, die im 15. Jahrh. S. zu der in der islamitischen gelehrten Welt berühmtesten Stadt machten. Von den vielen Grabmälern ist das besterhaltene und interessanteste das Timurs, ein hoher Kuppelbau. S. enthält viele Moscheen, darunter eine prachtvolle aus der Zeit Timurs, viele Friedhöfe, Karawansereien, 3000 Läden, 1000 Werkstätten und zählt etwa 40,000 Einw. (Tadschik, Perser, Inder, Afghanen, Juden, die letztern in einem besondern Stadtviertel), die hauptsächlich Garten- und Seidenbau, daneben auch Fabrikation von Baumwoll- und Seidenwaren, Gießerei, Gerberei, Seifensiederei, Talgschmelzerei und ansehnlichen Handel treiben. Letzterer liegt hauptsächlich in den Händen der Juden, Hindu und Afghanen. Eingeführt werden Früchte, Weizen, Seidenwaren aus Schehrisebz, Salz aus Hissar, ausgeführt Weizen, Reis, Rohseide nach der Bocharei, Baumwolle über Taschkent nach Rußland, außerdem Pferde, Schafe, Esel, Messerwaren etc. Die russische Stadt, gegründet 1871, umfaßt die alte Zitadelle, die von den Russen vollständig umgebaut worden ist. Sie schließt jetzt die Ämter für die Zivil- und Militärverwaltung und die Kasernen für die Truppen ein, von den alten Bauten hat man nur den von einer Galerie umgebenen Hof Timurs erhalten, mit dem berühmten Kök Tasch, einem 1,5 m hohen und 3 m langen Block aus weißem Marmor, auf dem die Emire den Thron bestiegen. Westlich davon liegt die eigentliche russische Stadt mit geraden, breiten Straßen, Gärten und Alleen, einer russischen Kirche, dem Palast des Gouverneurs, Bahnhof, mehreren Schulen, Magazinen, großem öffentlichen Garten und etwa 12,000 Einw. Die ganze Stadt zählte 1897: 54,900 Einw. – S. hieß im Altertum Marakanda und war die Hauptstadt der pers. Provinz Sogdiane; Alexander d. Gr. eroberte die Stadt 329 v. Chr. und hielt sich wiederholt in ihr auf. Später zerstört, soll sie durch einen Sklaven Alexanders, Samar, wieder aufgebaut und nach ihm benannt worden sein. Die Araber nahmen S. im 7. Jahrh. ein. Dschengis-Chan eroberte S. 1220; Tamerlan machte es gegen 1400 zur Hauptstadt seines neuen Reiches. S. war der Mittelpunkt der Gelehrsamkeit, der Verwaltung und des Handels. Noch heute geben die Überreste Zeugnis von der ehemaligen Größe der Stadt, so die Moschee Timurs, das Grabmal Timurs, die Ruinen des Sommerschlosses Timurs u.a. In den Jahren 1866–68 wandelte sich S. zu einer russischen Stadt um. Vgl. Vambéry, Geschichte Bocharas (Stuttg. 1872, 2 Bde.); »Nachschlagebuch für das Gebiet S.«, Bd. 6 u. 7 (1899 u. 1902, russ.); »Les mosquées de Samarcande« (Petersburg 1905 ff.); Schubert v. Soldern, Die Baudenkmale von S. (Wien 1898); Durrieux und Fauvelle, S. la bien gardée (Par. 1901); Krafft, A travers le Turkestan russe (das. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 513.
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