Sektion [2]

[311] Sektion (lat., Leichenöffnung), Zerlegung einer Leiche zu dem Zweck, im Verein mit der äußern Besichtigung (Leichenschau, s. d.) die Todesursache und die krankhaften Veränderungen der Organe zu erkennen. Sind Anhaltspunkte vorhanden, daß jemand eines nicht natürlichen Todes gestorben ist, so darf die Beerdigung nur auf Grund einer schriftlichen Genehmigung der Staatsanwaltschaft erfolgen (§ 157 der deutschen Strafprozeßordnung); diese Genehmigung wird in der Regel von der Vornahme der gerichtlichen Leichenschau abhängig gemacht. Wegnahme eines Leichenteiles ist bei Geldstrafe bis zu 150 Mark oder Haft verboten (Deutsches Strafgesetzbuch, § 367). Die anatomische Privatuntersuchung einer Leiche gegen den Willen der Angehörigen ist durch die meisten Landesgesetze verboten. Fast alle Länder besitzen eigne Regulative für die Vornahme der gerichtlichen S.; Preußen vom 6. Jan. und 15. Febr. 1875, Bayern vom 9. Dez. 1880, Baden vom 4. Jan. 1883, Sachsen und Württemberg von 1885, Hessen vom 19. Dez. 1877; die einzelnen Regulative weichen voneinander erheblich ab, das preußische stützt sich auf die Sektionsmethode von Virchow. In den größten Krankenhäusern sind eigne Prosektoren für die Vornahme der S. angestellt, so in den städtischen Krankenhäusern in Berlin, Hamburg, Magdeburg. In den Universitätsstädten besorgt der Professor der pathologischen Anatomie die S. Die Technik der S. besteht in der kunstgemäßen Eröffnung der drei Haupthöhlen des menschlichen Körpers, des Kopfes, der Brust und des Unterleibes. Am Kopf werden die denselben bedeckenden weichen Teile durch einen von einem Warzenfortsatz (hinter dem Ohre) zum andern laufenden Querschnitt gespalten, von dem Schädeldach abpräpariert und nach vorn und hinten zurückgeschlagen; alsdann wird der entblößte Hirnschädel rundum abgesägt und das Schädeldach abgehoben. Die Weichteile der Brust- und Bauchhöhle werden durch einen einzigen vom Kehlkopf bis zur Schamfuge laufenden, den Nabel links umgehenden Schnitt durchtrennt und damit die Bauchhöhle eröffnet. Vom Brustkasten werden die Weichteile bis zum Ansatz der Rippen an ihre Knorpel zurückpräpariert, alsdann die Knorpel dicht an den Rippen durchschnitten, das Brustbein nebst den Rippenknorpeln herausgenommen und auf diese Weise die Brusthöhle, die dann zunächst untersucht wird, eröffnet. Dann folgt die Besichtigung der Bauchhöhle. Vgl. Virchow, Die Sektionstechnik (4. Aufl., Berl. 1893); Nauwerck, Sektionstechnik (4. Aufl., Jena 1904); Chiari, Pathologisch-anatomische Sektionstechnik (2. Aufl., Berl. 1907).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 311.
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