Seychellen

[392] Seychellen (Seschellen, Sechellen), brit. Inselgruppe im Indischen Ozean, zwischen 4–5° südl. Br. und 55°10'–56° östl. L., 1665 km nordwestlich von Mauritius, besteht aus 30 Inseln und vielen Klippen mit 384 qkm Fläche und (1904) 20,400 Einw., einschließlich der Amiranten und verschiedener Inseln nördlich von Madagaskar (z. B. der Aldabrainseln), die (bis 1903) zusammen die Kolonie S. bilden. Die S. allein haben 230–264 qkm mit 18,958 Einw. Die wichtigsten sind die Inseln Mahé (144 qkm), Praslin (40 qkm), La Digue und Denis. Die S. bilden den höchsten Punkt eines untermeerischen Gebirges, das die Gebirge von Madagaskar in Südnordrichtung fortsetzt; seine Hauptmasse besteht aus Granit, der von einzelnen Gängen von Basalt durchsetzt und von einem Wall von Korallenriffen umsäumt wird. Die S. sinken nicht, wie Alluaud annahm, sondern heben sich nach Brauer. Das Klima, obwohl durch die See gemildert, ist doch heiß, besonders die Nächte; Jahresmittel 27–29°; die jährliche Regenmenge beträgt 2450 mm. Die Vegetation gleicht der des tropischen Afrika; doch besitzen die S. in ihren 60 endemischen Pflanzenarten eine eigenartige Inselflora. Unter den fünf charakteristischen Palmengattungen ist die bis 40 m hohe Meerkokospalme (Lodoicea Sechellarum), eine pflanzengeographische Seltenheit ersten Ranges, dem Untergang geweiht (auf Praslin ein Wald von einigen hundert Bäumen und auf Curieuse eine Anzahl jüngerer Individuen); sie wird durch die Regierung jetzt geschützt. Außerdem sind drei Arten von Pandanus einheimisch. Die obern Berggipfel sind um 900 m Höhe mit Wäldern aus der endemischen Dilleniazee Wormia ferruginea bedeckt. Gebaut werden Baumwolle, Tabak, Reis, Zimt, Vanille, Orangen, Zitronen, Bananen und Liberiakaffee. Die S. gehören zoogeographisch zu der einen Teil der äthiopischen Region bildenden madagassischen Subregion; Säugetiere fehlen bis auf Fledermäuse, unter denen eine Pteropus-Art (Fliegender Hund) indischen Ursprungs ist. Die Vögel, fast durchweg den S. eigen, zeigen größtenteils Verwandtschaft mit Madagaskararten, einige haben indischen Charakter. Riesenlandschildkröten, einst nicht selten, sind ausgestorben, die noch vorhandenen stammen nach Voeltzkow von Aldabra; von Reptilien finden sich Gecko und Chamäleon, von Amphibien Baumfrösche. Die Insekten zeigen äthiopischen Charakter. Die Bevölkerung besteht aus französischen Kreolen, Negern, indischen und chinesischen Kulis, Malaien und wenigen Europäern. Vorherrschende Sprache ist die französische, Konfession die katholische, beides durch die Engländer bei der Übernahme (1815) gewährleistet. Die 27 Schulen werden von 2825 Kindern besucht. Es gibt 2631 Anglikaner, 16,038 Katholiken und 389 Hindu. Hauptausfuhrartikel sind Kakao, Kokosnüsse, gesalzene Fische, Schildpatt, Kokosöl, Guano, Vanille, Seife, Kaffee und Kakao; 1904 betrug die Ausfuhr 724,187, die Einfuhr 829,211; die Einkünfte (1904) 383,096, die Ausgaben 447,939; die öffentliche Schuld 385,222 Rupien. Die S. werden seit 1903 selbständig von einem Gouverneur verwaltet. Hauptort ist Port Victoria auf der Insel Mahé, mit gutem Hafen und Kohlenstation, in dem 1904: 65 Handelsschiffe von 226,098 Ton. (einschließlich 13 Kriegsschiffen) verkehrten. Die Insel Mahé ist auch Sitz eines deutschen Konsuls. Regelmäßige Dampferverbindung besteht mit Mauritius, Marseille und Aden, ein Kabel führt nach Sansibar, Mauritius und Europa (seit 1893). – Die S. wurden im Beginn des 16. Jahrh. den Portugiesen bekannt, ihren Namen erhielten sie nach einem französischen Seeoffizier. 1768 wurde durch den französischen Gouverneur von Ile de France die erste Niederlassung, Mahé (jetzt Port Victoria), gegründet. 1794 trat Frankreich die Inseln an England ab. Infolge der Aufhebung der Sklaverei (1834) ging die Plantagenwirtschaft stark zurück. Vgl. Horne, Report on the Seychelles Islands (Lond. 1875); Hartmann, Madagaskar und die Inseln S. etc. (Leipz. 1886); Brauer, Die S. (in den »Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin«, 1896); außerdem verschiedene Arbeiten von Voeltzkow.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 392.
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