Shukówskij

[410] Shukówskij (spr. schu-), Waßilij Andrejewitsch, berühmter russ. Dichter, geb. 9. Febr. (29. Jan.) 1783 im Gouv. Tula, gest. 24. (12.) April 1852 in Baden-Baden, Sohn des Gutsbesitzers Afanaßij[410] Iwanowitsch Bunin und einer türkischen Kriegsgefangenen (seinen Namen erhielt er von seinem Taufvater Andrej Grigorjewitsch S.), kam 1796 in die Moskauer Universitätspension für Adlige, war nach Beendigung seiner Studien ein Jahr im Staatsdienst tätig und zog sich dann 1802 auf das Gut seines Vaters im Gouv. Tula zurück. Hier schrieb er sein erstes bekannteres Gedicht: »Sel'skoe kladbišče«, eine Nachbildung von Th. Grays »Elegy written in a country churchyard«, und vertiefte sich in die deutsche Literatur. 1807 siedelte er nach Moskau über und lieferte, von 1808–10 Redakteur des Karamsinschen Journals »Vêstnik Evropy«, zahlreiche Übersetzungen aus dem Deutschen, Französischen und Englischen sowie auch Originalaufsätze (über Krylow, Kantemir), Erzählungen (»Das Marienwäldchen«) und Gedichte. Bei der Napoleonischen Invasion focht er als Leutnant mit im Moskauer Landsturm, ließ sich in Dorpat nieder und wurde von hier 1817 nach Petersburg berufen als russischer Lehrer der Gemahlin des nachmaligen Zaren Nikolaus. 1820 wurde er Mitglied der russischen Akademie, 1826 Erzieher des Großfürsten-Thronfolgers Alexander, auf den er durch sein ideales und humanes Wesen einen wohltätigen Einfluß ausübte, und mit dem er 1837 Rußland und 1838 das Ausland bereiste. 1841 heiratete er in Düsseldorf die Tochter des Obersten v. Reutern und blieb dann in Deutschland. S. hat die deutsche Romantik in Rußland eingeführt. Von Anfang an vorzugsweise als Übersetzer tätig, wählte er aus fremden Literaturen solche Dichtungen aus, die zu seiner eignen Stimmung paßten, und lieferte so Werke, die keineswegs als bloße Übertragungen zu betrachten sind. Hierher gehören seine Wiedergabe von Schillers »Jungfrau von Orléans«, von Goetheschen, Schillerschen und Bürgerschen Balladen, Dichtungen von W. Scott, Thomas MooreLalla Rookh«), ByronThe prisoner of Chillon«), Uhland etc. Nicht minder gelungene Übersetzungen lieferte er von der »Odyssee« und der »Äneide« (letztere unvollendet). Seine eignen Dichtungen tragen das Gepräge der Schwermut, die selbst seinem berühmten, von nationalem Enthusiasmus erfüllten Gedicht: »Der Sänger im Lager russischer Krieger« (1812), nicht fremd ist. Im übrigen beruht sein großes Verdienst vorzugsweise in der Form und künstlerischen Glätte des Verses; die russische Sprache erhielt unter seiner Hand einen Reiz und eine Vollendung, die man bis dahin noch nicht gekannt hatte. Eine Gesamtausgabe von Shukowskijs Werken erschien in St. Petersburg (1849 bis 1850, 10 Bde.; 10. Aufl. 1901, 6 Bde.). Außerdem erschienen seine Briefe an den Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch (deutsch, Dorpat 1881). Vgl. v. Seidlitz, Joukoffsky, ein russisches Dichterleben (Mitau 1870).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 410-411.
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