Siemering

[449] Siemering, Rudolf, Bildhauer, geb. 10. Aug. 1835 in Königsberg, gest. 23. Jan. 1905 in Berlin, besuchte die Akademie seiner Vaterstadt und wurde später Schüler von Bläser in Berlin. Nachdem er sich an der Ausschmückung der Königsberger Universität beteiligt hatte, für die er mehrere Porträtmedaillons dortiger Gelehrten schuf, stellte er 1860 eine Penelope aus, und 1863 trat er mit Reinhold Begas in die engere Konkurrenz für das Schillerdenkmal ein, wobei jedoch letzterer den Sieg davontrug. In den folgenden Jahren schuf er eine sitzende Marmorfigur des Königs Wilhelm für die Börse in Berlin und eine in Terrakotte ausgeführte Statue von [449] Leibniz für die Akademie der Wissenschaften in Pest, die wie seine spätern monumentalen Arbeiten von einem gesunden Realismus bei strenger Durchbildung der Form zeugen. 1871 entstand zum Straßenschmuck bei der Einzugsfeier in Berlin das Relief der Erhebung des Volkes (in Bronze ausgeführt unter anderm an dem Kriegerdenkmal in Görlitz), 1872 der genial erfundene Entwurf für ein Goethedenkmal in Berlin, der jedoch nicht zur Ausführung gelangte. Seine nächsten Arbeiten waren das Denkmal Friedrichs d. Gr. für Marienburg, mit vier den Sockel umgebenden, energisch charakterisierten Gestalten von Hochmeistern (in Bronze gegossen, 1877 enthüllt), und zwei Reliefs mit der Darstellung in den Krieg ziehender und heimkehrender hessischer Soldaten für das Au-Tor in Kassel. 1882 vollendete er das Gräfedenkmal für Berlin, die Bronzestatue des Augenarztes, und zwei Reliefs in farbiger Majolika, Heilung Suchende und Geheilte darstellend (s. Tafel »Bildhauerkunst XVII«, Fig. 3), und 1883 das Lutherdenkmal für Eisleben, die bronzene Gestalt des Reformators und vier malerisch behandelte Reliefs am Sockel. Sein bedeutendstes in Deutschland verbliebenes Werk ist das 1888 enthüllte Siegesdenkmal auf dem Marktplatz in Leipzig, das aus der stehenden Figur der Germania als Bekrönung (s. Tafel »Bildhauerkunst XVIII«, Fig. 6), der sitzenden Porträtstatue Kaiser Wilhelms I., den vier kolossalen Reiterfiguren König Alberts von Sachsen, Kaiser Friedrichs, Bismarcks und Moltkes und acht Soldatenfiguren besteht. Während er an diesem umfangreichen Werk arbeitete, schuf er das noch kolossalere, ebenfalls in Bronze gegossene Reiterstandbild Washingtons für Philadelphia mit Sockelfiguren und -Reliefs, sein Hauptwerk. Für die Herrscherhalle des Zeughauses schuf er die Kolossalstatue Kaiser Wilhelms I. (1888), für Magdeburg das Kaiser-Wilhelmdenkmal, für die Berliner Siegesallee das Denkmal Friedrich Wilhelms I. (1902), für den dortigen Tiergarten das Haydn-Mozart-Beethovendenkmal (1904). 1896 vollendete er die Gruppe der heil. Gertraud, die einen fahrenden Schüler gastfreundlich empfängt, für die Gertraudenbrücke in Berlin. Auch hat er zahlreiche Porträtbüsten und Plaketten angefertigt. Er war königlicher Professor und Direktor des Rauch-Museums in Berlin. Vgl. Dann, Siemering (Bielef. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 449-450.
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