Vitzthum von Eckstädt

[198] Vitzthum von Eckstädt, thüringisch-meißnisches Adelsgeschlecht, nach dem Dorfe Eckstädt im Großherzogtum Sachsen-Weimar benannt, dessen ältestes bekanntes Glied 1140 genannt wird. Als Ministerialen des Erzstifts Mainz hatten die V. die Statthalterschaft in Thüringen zu erblichem Lehen und erhielten davon die Amtsbezeichnung vicedomini (Statthalter), die allmählich ein Teil des Namens wurde; seit dem Anfang des 14. Jahrh. ist der jetzige Name üblich. Das bis dahin freiherrliche Geschlecht wurde 1711 (Ausfertigung des Diploms erst 1728) reichsgräflich. Bekannte Glieder sind:

1) Karl Friedrich, Graf, Diplomat und Schriftsteller, geb. 13. Jan. 1819 in Dresden, gest. daselbst 16. Okt. 1895, studierte die Rechte, trat in den sächsischen diplomatischen Dienst und ward 1845 Legationssekretär bei der sächsischen Gesandtschaft in Berlin und 1847 in Wien, 1852 Geschäftsträger in St. Petersburg, 1853 Ministerresident in London. Als Beust österreichischer Minister wurde, folgte er ihm und unterhandelte beim Ausbruch des Krieges 1870 über eine etwaige Teilnahme Österreichs in Paris und Florenz. Dann schied er, zuletzt österreichischer Gesandter in Brüssel, aus dem österreichischen Dienst und lebte in Paris und Baden-Baden, wo er seine Erinnerungen niederschrieb. Er verfaßte: »Die Geheimnisse des sächsischen Kabinetts 1745–1756« (Stuttg. 1866, 2 Bde.); »Maurice, comte de Saxe, et Marie Josèphe, dauphine de France« (Leipz. 1867); »Berlin und [198] Wien in den Jahren 1845–1852, politische Privatbriefe« (Stuttg. 1886); »St. Petersburg und London in den Jahren 1852–1864« (das. 1886) und »London, Gastein und Sadowa 1864–1866« (das. 1889). In »Shakespeare und Shakespere; zur Genesis der Shakespearedramen« (Stuttg. 1888) vertritt V. den Standpunkt, daß Bacon die unter des Dichters Namen gehenden Dramen verfaßt habe.

2) Alexander Konstantin, Graf von, sächs. General, geb. 7. Juli 1846 in Schloß Fantasie bei Bayreuth, trat 1866 in das Heer, nahm am böhmischen Feldzuge und als Regimentsadjutant am deutsch-französischen Kriege teil, besuchte 1872–75 die Kriegsakademie und war, seit 1874 Hauptmann, 1878–85 in verschiedenen Generalstabsstellungen, in denen er sich vor allem bei der Neugestaltung des Kriegseisenbahntransportwesens betätigte. 1882 zum Major ernannt, wirkte er 1886–88 als Bataillonskommandeur, führte 1888–90 als Oberstleutnant das Jägerbataillon Nr. 13, war 1890–92 Flügeladjutant des Königs und 1892–96 Kommandeur des 139. Infanterieregiments; dann als Generalmajor Kommandeur der 64. Infanteriebrigade, 1899 Generalleutnant und Kommandeur der 24. Division in Leipzig, 1900 der 40. Division in Chemnitz. 1904 wurde er zum Kommandeur des 19. Armeekorps in Leipzig ernannt und trat 1907 in den Ruhestand.

3) Christoph Johann Friedrich, Graf von, sächs. Diplomat, geb. 14. Okt. 1863 in Dresden, studierte die Rechte, wurde 1890 Legationssekretär im Ministerium des Auswärtigen, 1891 bei der sächsischen Gesandtschaft in Berlin und arbeitete 1894–96 wieder in Dresden. Sodann Bezirks- und Regierungsassessor bei der Amtshauptmannschaft Dresden-Altstadt, wurde V. 1900 Regierungsrat bei der Kreishauptmannschaft Chemnitz, 1901 Amtshauptmann in Annaberg und 1906 als Nachfolger des Grafen v. Hohenthal und Bergen außerordentlicher sächsischer Gesandter und bevollmächtigter Minister in Berlin. – Sein Stiefbruder Friedrich, Graf von V. (geb. 14. Okt. 1855 in Dresden) ist Schloßherr auf Lichtenwalde bei Chemnitz, seit 1904 sächsischer Oberstmarschall und seit 1905 Präsident der Ersten sächsischen Ständekammer.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 198-199.
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