Woermann

[750] Woermann, 1) Karl, Kunsthistoriker, geb. 4. Juli 1844 in Hamburg, studierte in Heidelberg, Berlin, Göttingen und Kiel die Rechte, ließ sich 1867 als Advokat in Hamburg nieder, bereiste darauf England, Frankreich und Nordamerika und widmete sich dann dem Studium der Kunstgeschichte, zuletzt in München, wo er die Abhandlung: »Über den landschaftlichen Natursinn der Griechen und Römer« (Münch. 1871) veröffentlichte. 1871 habilitierte er sich als Privatdozent in Heidelberg, trat aber bald eine Studienreise nach Italien und Griechenland an, auf der er die Materialien zu dem Werke »Die Landschaft in der Kunst der alten Völker« (Münch. 1876) sammelte, dem im gleichen Jahr »Die antiken Odysseelandschaften vom Esquilinischen Hügel in Rom« in Farbendrucktafeln mit erläuterndem Text folgte. 1873 wurde er als Professor der Kunstgeschichte an die Kunstakademie zu Düsseldorf berufen. 1878–79 unternahm er eine neue Studienreise durch alle Hauptländer Europas, deren Eindrücke er in dem Reisetagebuch »Kunst- und Naturskizzen aus Nord- und Südeuropa« (Düsseld. 1880) mitteilte. Zu der von A. Woltmann begonnenen »Geschichte der Malerei« schrieb W. den ersten, das Altertum betreffenden Teil und führte nach Woltmanns Tode das Werk zu Ende (Leipz. 1878–88, 3 Bde.). 1882 wurde er Direktor der Dresdener Gemäldegalerie und gab 1888 einen wissenschaftlichen Katalog derselben (6. Aufl., Dresd. 1905) heraus. Sein Hauptwerk ist die auf drei Bände berechnete »Geschichte der Kunst aller Zeiten und Völker« (Bd. 1 u. 2, Leipz. 1900 u. 1905). Von seinen übrigen Schriften sind noch zu nennen: »Wissenschaftliches Verzeichnis der ältern Gemälde der Galerie Weber in Hamburg« (Hamb. 1892); »Was uns die Kunstgeschichte lehrt« (4. Aufl., Dresd. 1894), der Text zu den Braunschen Photographien der Dresdener Galerie Auch gab er »Handzeichnungen alter Meister im königlichen Kupferstichkabinet zu Dresden« (Berl. 1890–98) heraus. W. hat auch verschiedene Gedichtsammlungen veröffentlicht, darunter: »Aus der Natur und dem Geiste« (Hamb. 1870), »Neapel. Elegien und Oden« (Münch. 1876), »Neue Gedichte« (Düsseld. 1884), »Zu Zwei'n im Süden« (2. Aufl., Dresd. 1893), »Deutsche Herzen« (2. Aufl., das. 1896).

2) Adolf, Kaufmann und Politiker, Bruder des vorigen, geb. 10. Dez. 1847 in Hamburg, lernte den überseeischen Handel seit 1868 in Singapur kennen, ging 1869 nach Batavia und kehrte 1870 über Vorderindien, China, Japan und Nordamerika heim. Nachdem W. 1871–72 die Faktoreien seines Vaters in Liberia besucht hatte, wurde er 1874 Teilhaber, 1880 Mitinhaber der Firma Karl W., half die Woermann-Linie (s. Textbeilage zum Artikel »Dampfschiffahrt«: Deutschland 7) gründen und erwarb 1884 mit der Firma Jantzen u. Thormählen Kamerun als Schutzgebiet für das Deutsche Reich. 1884–90 war W. nationalliberales Mitglied des Reichstags.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 750.
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