Angelĭca [1]

[486] Angelĭca, 1) (A. L.), Pflanzengattung aus der Familie der Doldengewächse, Umbelliferae Angeliceae, 5. Kl. 2. Ordn. L., mit undeutlichem Kelchsaum, 5 lanzettl. zugespitzten aufsteigenden Kronenblättern u. ziemlich platter Frucht, die 3 mittleren Rippen kielförmig, beide seitlichen geflügelt, in den Zwischenräumen einzelne Ölkanäle; Dolde groß gewölbt, Hülle fehlend od. wenig-, Hüllchen vielblättrig, Blüthe anfangs röthlich, später weiß. Arten: A. pyrenaica, in den Pyrenäen, auch im Elsaß u. in Baden; A. montana, auf Alpen; A. sylvestris (Engelwurz), in Deutschland heimisch. Die Wurzel (Angelicawurzel) dieser Pflanzen wird zuweilen mit der Engelwurz verwechselt, sie heißt in den Apotheken, zum Unterschied von jener, Radix angelicae sylvestris, die sonst auch officinell war, jetzt aber nur als Thierarznei u. von Landleuten angewendet wird. 2) (Archangelica), eine der vorigen verwandte Gattung, mit kurzem, fünfzähnigem Kelchsäume, elliptischen, eingebogenen, zugespitzten Blumenblättern, etwas platter Frucht, der der vorigen Gattung ähnlich, aber überall mit Ölkanälen bedeckt; Dolde halbkugelig, Hülle fehlend, od. einblätterig, Hüllchen vielblätterig, außenseitig, Blüthen grünlich. Art: die gebräuchliche Engelwurz (Angelike, Brustwurzel, Arch. officinalis s. Angelica archangelica), auf feuchten Stellen u. an Gewässern in Gebirgen u. der Ebene des mittleren u. nördlichen Europa. Die Angelicawurzel (Radix angelicae hortensis s. sativae s. Ang. archangelicae, s. Costi nigri, Podagrariae et Smyrnii, Engel-, Erzengel-, Brust-, Heiligzeit-, Luf-Wurzel etc.) ist lang, spindlich, ziemlich dick, ästig, faserig, außen braun od. grau, inwendig weißlich, mit kleinen gelblichen Markröhren. Aus Einschnitten der frischen Wurzel fließt im Frühling ein gelblicher harziger Saft, der kräftigste Bestandtheil; Geschmack süßbitterlich, scharfgewürzhaft, nicht unangenehm; Geruch moschusähnlich; Hauptbestandtheile: ätherisches Öl, Gummi, Bitterstoff, scharfes Harz. Als kräftiges, flüchtiges, anhaltendes, die Absonderungen beförderndes, schweißtreibendes, nervenbelebendes Reizmittel officinell. Wenn man die Wurzel mit Weingeist auszieht, den größten Theil des Weingeistes abdestillirt, so erhält man eine zähe Masse, welche sich beim Stehen in zwei Schichten scheidet: die untere wässerige Schicht ist gelbbraun, die obere ist dunkelbraun, dick u. harzähnlich, nicht in Wasser, leicht aber in Alkohol u. Äther löslich; diese Schicht ist der Angelicabalsam. Durch Behandeln mit Kalilauge zerfällt dieser Körper in ein Harz, in Angelicasäure (s.d.) u. Angelicin. Letzter scheint mit dem Imperatorin aus Imperatoria ostruthium u. dem Peucedanin aus Peucedanum officinale identisch zu sein. Ferner gewinnt man aus der A-wurzel Angelicawasser (Angelicaessenz, Aqua angelicae), durch Abziehen über sie auch (wie die Londoner u. Leydener A-wasser) durch Aufguß mit Wein über sie u. andere aromatische Pflanzen, Samen od. Kraut. Der Angelicageist (Spiritus angelicae) wird durch Destillation von Weingeist über sie gewonnen; man hat a) einfachen; b) Stahls A-geist (Essentia alexipharmaca Stahlii), mit Zusatz aus ähnlichen Arzneimitteln; c) zusammengesetzten (Spiritus a. compositus Ph. Bor.), dem vorigen ähnlich, mehr äußerlich gebraucht; d) kamphorirten (Spiritus a. camphoratus), mit Kampher versetzten. Auch Angelicaextract (Extractum angelicae), durch Abrauchen des ebenerwähnten geistigen Auszugs bereitet, u. Angelicaöl (Oleum angelicae), ätherisches Öl, aus ihr u. dem Samen dargestellt. Auch braucht man sie überzuckert zu Angelicaconfect, einem wohlschmeckenden Magenmittel. Noch wird der Samen der A. (Semen angelicae), von scharfem Geschmack u. Geruch wie die Wurzel, auch zu diesen Mitteln u. sonst als blähung- u. urintreibendes Mittel verwendet; der Stengel wird geschält, roh, auf Kohlen geröstet, in Milch gekocht od. überzuckert als Heilmittel gegen Katarrh, Magenschwäche etc. gebraucht, wie sie ein Lieblingsgericht der Lappen etc. sind. Unvorsichtiger Gebrauch der A. kann dem Körper wesentlich schaden, daher als Hausmittel nicht ohne Beirath eines Arztes zu brauchen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 486.
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