Bolus [2]

[55] Bolus (Bol, Bool, Fettthon, Min.), Vermitterungsproduct eisenhaltiger Silicate, bildet erst erdiges, braunes, gelbliches, röthliches od. weißliches, abfärbendes Mineral von muscheligem u. mattem Bruch u. geringem Fettglanz; specifisches Gewicht 2,4–2,5; kantendurchscheinend bis undurchsichtig, fettig anzufühlen, an der Zunge stark klebend u. unter Wasser mit Geräusch zu Pulver zerfallend; besteht aus Eisenoxyd, Thonerde, Kieselsäure u. Wasser mit wenig Magnesia u. Kalk, in verschiedenen Verhältnissen, je nach Beschaffenheit u. Fundort. Tritt meist eingesprengt u. als Überzug in Basaltlagern u. in Grauwackenschichten auf. Fundorte: Siena bei Toscana (Sienische Erde, Terra di Siena), Striegau in Schlesien (Striegauer Erde), auf der Insel Lemnus (Lemnische Erde), Sinope in Klein-Asien (Sinopischer B.), Habichtswald u. Marburg in Hessen, Sägebühl in Hannover, Scheibenberg, Miltiz u. Stolpen in Sachsen, Koffakow bei Gabel in Böhmen, Futschenrod a. d. Rhön, Montaleger im Valais u. Berri in Frankreich, Glenarm in Irland, Ungarn, Armenien, Norwegen etc. Wo er in großen Mengen auftritt, wie bei Leimnitz, wird er gewöhnlich mit Lehm vermischt u. zu Ziegeln gebrannt, sonst zur Anfertigung von Pfeifenköpfen u. Thonwaaren, zum Grundiren vergoldeter u. versilberter Holzwaaren, in der Fresco-, Tapeten- u. Ölmalerei, auch als Maurerfarbe, als Kitt, zur Vertilgung von Fettflecken, die Terra di Siena als Farbe zu braunen Kupferstichen angewendet; der aus Berri in Frankreich bezogene B. wird durch Calciniren in eine rothe Farbe verwandelt, die als Englisches Rothin den Handel kommt. Früher fand der B. als Arzneimittel unter dem Namen Siegelerde (Terra sigillata) Verwendung, er wurde in kleine Kuchen geformt u. als Zeichen der Echtheit ein Siegel darauf gedrückt; den weißen B. braucht man noch jetzt hier u. da als blutstillendes Mittel u. zum Austrocknen wunder Hautstellen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 55.
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