Ölmalerei

[279] Ölmalerei, die Kunst in Öl zu malen, hat vor der andern Malerei die Vorzüge, daß die Gemälde einen größeren Reiz erhalten, durch öfteres Übermalen, so wie durch Aufeinandersetzen der Farben, eine größere Wahrheit bekommen, länger dauern, von Feuchtigkeit weniger leiden, auch daß sich die Farben beim Trocknen nicht verändern wie die Wasserfarben, u. das Ineinanderfließen der Farben durch die Zähigkeit des Öls vermieden wird. Hingegen hat sie auch den Nachtheil, daß Ölgemälde durch einen Schimmer des auffallenden Lichts blenden u. daher nicht von allen Punkten gleich gut gesehen werden können, daß der Staub fester an Ölgemälden haftet, als an anderen, u. daß Ölgemälde bedeutend nachdunkeln. Die gewöhnlichsten Materialien, worauf man in Öl malt, sind: Leinwand, Holz, Kupfer, andere Metalle, Mauer, grober Taffet, im Nothfall auch mit Leimwasser überzogenes Papier. Die Leinwand, deren man sich am meisten bedient, erhält zuvor eine Gründung, d.h. es wird ein erster Anstrich, gewöhnlich mit Mehlkleister, um die Poren zuzustreichen, doch auch wohl mit Leim od. Goldgrund, gemacht, dieser mit Bimsstein abgeschlissen u. endlich Bleiweiß in Öl, od. in Öl geriebener, mit Bleiweiß gemischter Ocker, auch Rother Bolus (der jedoch durchschießt u. die Farben angreift) gleichmäßig aufgetragen. Zuweilen trägt man auf diesen ersten Grund noch einen zweiten auf, welcher mit Terpentinöl gebrochen, d.h. alles Glanzes beraubt, sein muß. So zubereitetes Malertuch wird auf einen hölzernen Rahmen gespannt, u. die in Blasen aufbewahrten, früher mit geläutertem Öle auf einem Porphyrstein mit einem Läufer bis zur Steife eines Breies abgeriebenen Farben werden auf die Palette gesetzt u. daselbst gewöhnlich mit seinem, in der Sonne gebleichtem od. mit weißem Sande abgeschwenktem, nicht zu jungem Mohnöl, doch häufig auch mit Nußöl, worunter man zuweilen etwas Spickölmischt, verdünnt. Wichtig für das. Colorit ist es hierbei, das rechte Verhältniß des Öls zur Farbe zu treffen, diese auf die Palette zu tragen, sie dort rein zu erhalten u. zu mischen. Die Hauptfarben zum Ölmalen sind: das feinste Bleiweiß (Kremnitzer Weiß), Neapelgelb, Ocker in drei Abstufungen der Dunkelheit u. derselbe wieder gebrannt, gebrannte Grüne Erde, Kasselerbraun, Pfirsichkern- u. Elfenbeinschwarz, Zinnober, Berliner- od. Mineralblau, Ultramarin, Karmin, Krapplack etc. Die Skizze der Zeichnung wird gewöhnlich mit Kreide od. Kohle entworfen, dann beginnt erst das Untermalen, d.h. die Farben werden gewählt u. auf die Fläche dünn getragen, die verschiedenen Tinten nach ihrem Bedarf neben einander gesetzt u. mit dem Vertreibepinsel verschmolzen. Dieses muß mehrtägig geschehen, u. die Schatten ins Grüne spielen. Nach völligem Trocknen wird das Bild übermalt, wo die Farben wohl ausgebreitet reiner erscheinen, sich besser mit einander verarbeiten lassen u. die Schatten u. Lichter wirksamer den Schein des Körperlichen abrunden. Wenn die Farben etwas gestanden u. angezogen haben, erzeugt der Vertriebpinsel seinen Schmelz, welcher das Colorit der Natur ähneln läßt. Wenn das Gemälde zum zweiten Male getrocknet ist, wird es lasirt, d.i. mit durchsichtigen Farben übergangen, wodurch jene durchsichtigen u. glühenden Töne entstehen, welche zur Einheit, Wahrheit u. dem Zauber der Färbung bes. beitragen. Das Retouchiren od. letzte Bessern u. Abhelfen erkannter Unvollkommenheiten einzelner Partien ist die Beendigung des künstlerischen Theils der Arbeit. Da die Farben nach völliger Trocknung einschlagen, u. damit sie später nicht vom Staube leiden, so überzieht man das Bild noch mit Mastixfirniß, wodurch die Gleichheit des Ganzen u. die Erhaltung derselben bewirkt wird; Überzug von gewöhnlichem Firniß ist schädlich u. läßt eine spätere Reinigung kaum zu. Um Ölgemälde von schadhaftem Grunde auf bessern überzutragen, löst man, wenn der Grund Holz ist, entweder die Farben nach Picaults Erfindung ab u. trägt sie auf neues Holz über, od. man hobelt das Holz bis auf den untersten Grund beinahe ab u. bringt das Gemälde auf eine neue Holzplatte. Wird die Leinwand eines alten Gemäldes faserig od. reißt, so zieht man dem Gemälde eine neue Leinwand unter, Auch retouchirt man alte, schadhaft gewordene Ölgemälde, indem man die schadhaften od. unscheinbaren Stellen nachmalt. So weit das Technische der Ö.; was das Gebiet der Kunst anbelangt, s. Malerei. – Die Ö., als die höchste Steigerung der Malerkunst, ist eine Erfindung des späteren Mittelalters. Zwar kannte schon Apelles nach Plinins einen Firniß (wahrscheinlich aus Öl u. Wachs bereitet, vgl. Enkaustik), mit welchem er seine Gemälde überstrich, u. Theophilus Presbyter, ein St. Gallener Mönch im 10, od. 11. Jahrh., gibt die Bereitung einer rothen Ölfarbe zum Anstrich der Thüren an u. sagt, daß man auf ähnliche Art alle Farben mit Öl mischen könne. Doch war damit die Ö. noch nicht erfunden, u. erst Hubert u. bes. Johann van Eyk sollten in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. das richtige Material zur Ö. im Mandel- u. Nußöl gefunden u. bei der Behandlung der Farben die richtige Manipulation angewandt haben, so daß nach ihnen die Ö. durch ganz Europa allgemein u. wahre Kunst wurde. Daher galten sie auch, bes. Johann van Eyk, lange als Erfinder der Ö., aber in neuster Zeit hat man auf dem Rathause in Gent ein altes Pergament aufgefunden, welches die Beschreibung der Ö. enthält u. aus welchem hervorgeht, daß dieselbe schon 1328 in Gent, 1338 in Lille, 1351 in Tournai u. 1393 in Paris bekannt war, u. daß die Brüder van Eyk nur das Verdienst haben, sie in Gent für ihre großen Werke, welche die Säle des Rathauses zieren sollten, angewendet zu haben. Antonello von Messina, ein Schüler Johanns van Eyk, brachte die Ö. mit nach Venedig, u. seitdem wurde sie immer mehr verbreitet u. verbessert. Bgl. Bouvice, Anweisung zur Ö., Halle 1828; Völker, Die Kunst der Malerei, Lpz. 1852.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 279.
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