Causa

[771] Causa (Caussa, lat.), 1) Ursache, Grund: C proxĭma, die nächste Ursache; C. remōta, entfernte Ursache; C. primarĭa, Hauptgrund; C. secundaria, Nebengrund; C. sufficiens, hinreichender Grund; C. sine qua non, Grundursache; C. sui, wer der Grund von sich selbst ist, bei den Scholastikern so v.w. Unabhängigkeit Gottes; 2) Angelegenheit; 3) in der Rechtswissenschaft ist der Begriff von C. ein sehr umfassender u. begreift a) jede Rechtssache (Rechtsstreit); daher: Causae publĭcae, Angelegenheiten, welche das öffentliche Recht (Jus publicum) betreffen; Causae privātae, Privatrechtssachen, das Mein u. Dein, z.B. Eigenthum, Verträge, Erbschaft u. dgl., betreffend; Causae ecclesiastĭcae, kirchliche Sachen, deren Entscheidung den geistlichen Behörden, in der Evangelischen Kirche den Consistorien, zusteht, z.B. kie u. da die Ehesachen, entgegen den Causae seculares, welche vor die weltlichen Behörden gehören; Causae civiies, bürgerliche Rechtsstreitigkeiten (s. Causae privatae), im Gegensatz zu den peinlichen Rechtssachen, Causae criminales, bei denen Handlungen, die mit einer öffentlichen Strafe bedroht sind, in Frage kommen; Causae feudales, Sachen, u. elche die aus dem Lehn entspringenden Rechtsverhältnisse des Lehnsherrn u. Vasallen betreffen. Einzelne Bezeichnungen: C. appellabĭlis, Rechtssache, deren Gegenstand die Werthsumme erreicht, welche die Gesetze zur Statthaftigkeit der Appellation erfordern; Causae cognitio, die richterliche Untersuchung einer Sache, welche gewissen, vom Richter zu ertheilenden Decreten erst vorausgehen muß, u. zwar entweder mit allen beim ordentlichen Proceß vorkommenden Förmlichkeiten (Causae cognitio plena), od. nur kürzlich mit Übergehung der meisten Förmlichkeiten (Causae cognitio summaria); C. connexa, s. Connexität; C. denegatae s. protractae justitiae, Rechtssache, in der über einen Richter wegen verweigerter od. verzögerter Rechtspflege Beschwerde geführt wird; die Beschwerde selbst (Querela denegataes. protactae just.) wird in der Regel beim gewöhnlichen Oberrichter, od. wenn solcher nicht da ist, beim Regenten angebracht; Causae favorabĭles, Rechtssachen, in welchen im Zweifel zu Gunsten der betreffenden Angelegenheit zu interpretiren ist, wie nach Römischem Recht die Freiheit eines Menschen, die Dos zu Gunsten der Frau, letztwillige Anordnungen, welche eher zu Gunsten des Honorirten u. vor Allem zur Aufrechterhaltung der Verfügungen auszulegen sind; C. inaudīta, Rechtssache, die ein Richter, ohne beide Parteien gehört zu haben, entschieden hat; C liberālis, eine die Freiheit eines Menschen betreffende Rechtssache; Causae majores, wichtigere Rechtsstreite. namentlich nach dem Betrage; auch wichtigere Angelegenheiten, welche in Folge der sogenannten päpstlichen Reservatrechte der Entscheidung der Bischöfe, die über dergleichen Sachen in der Regel entscheiden, entzogen u. dem Papste vorbehalten sind, z.B. die Dispensation von gewissen Ehehindernissen. Diese Rechte sind außerordentliche, u. der Papst läßt sie in einzelnen Fällen mittelst besonderm Auftrag (Facultät) wieder durch Bischöfe ausüben; Causae minūtae, Bagatellsachen, s.d.; C. ordinarii u. extraordinarii juris, Rechtssachen, von denen die letzteren unmittelbar von den römischen Kaisern selbst (im Auditorium principis), die ersteren aber von den gewöhnlichen Richtern entschieden wurden; C. pupillaris, der Rechtsstreit eines Unmündigen; C. simplĭcis querēlae, Rechtssachen in 1. Instanz, nach Erklärung der Reichsgesetze; C. summariae, summarische Rechtssachen, s.d. b) Ursache, Beweggrund zu einer Rechtshandlung, worüber indessen der Satz gilt: Falsac. nonnocet, d.h. ein Rechtsgeschäft, wenn auch aus falschem Beweggrunde vollzogen, bleibt deshalb doch gültig u. verbindlich, ausgenommen wenn ein wirklicher Irrthum über das Wesen des Geschäfts selbst vorliegt, od. die C. als Bedingung ausgeführt ist; c) Rechtsgrund, z.B. C. justa, ein rechtlicher Grund, gültiger Rechtstitel; C. debendi, der Rechtsgrund einer Verbindlichkeit; die Angabe desselben ist zur vollen Beweiskraft einer Schuldverschreibung erforderlich (s.u. Cautio indiscreta); C. exhereditatiōnis, Enterbungsgrund, s. Enterbung; C. excipiendi, der Rechtsgrund einer processualischen Einrede; C. litigandi, Streitgrund, Veranlassung eines Processes; C petendi, Klaggrund, s. Fundamentum agendi; C. efficĭena C. finalis, C. praedisponens, C. iurpis, s. Condictio ob turpem causam. d) Gegenstand, Zweck, daher piacausa, frommer Zweck, fromme Stiftung, s.d.; C. perpetŭa, bei Servituten ein gewisser[771] dauernder Vortheil, welchen Servituten gewähren müssen; omnis causa, bei Klagen Nebenverbindlichkeiten, z.B. Zinsen u. Kosten.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 771-772.
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