Debreczin

[775] Debreczin (spr. Debrezinn, Debrezen), königliche Freistadt im Kreise Nord-Bihar des Verwaltungsgebietes Großwardein (Ungarn); Sitz der Kreisbehörden, des Großwardeiner Oberlandesgerichtes, des reformirten Superintendenten jenseit der Theiß, eines Postamtes, einer Handelskammer; 5 Kirchen, 8 Hospitäler, Piaristen- u. reformirtes Collegium, das die besuchteste protestantische Lehranstalt Ungarns ist, u. ein Obergymnasium, Theologische Facultät, Bibliothek von seltenen Werken u. Handschriften hat, womit noch mathematische, physikalische u. naturhistorische Sammlungen verbunden sind, katholische Hauptschule u. Gymnasium; fertigt Zeuge, wollene Kotzen, Leder, Seife (Debrecziner Seife), Messer, Thonpfeifen, rothe Debrecziner Pfeifenköpfe, viel Schuhwerk (namentlich Zischmen), Hornwaaren, Schafpelze, überstrickte Knöpfe, Tabak (Debrecziner Tabak); die Umgegend ist sehr fruchtbar, bringt Wein, Weizen, Hirse, Buchweizen etc. u. nährt große Viehweiden, daher die wöchentlichen Schweine- u. Getreidemärkte, die Rindvieh- u. Pferdemärkte sehr lebhaft sind; nächst Pesth ist D. die wichtigste Stadt Ungarns u. Mittelpunkt des magyarischen Lebens; 56,700 Ew., zum allergrößten Theil Reformirte. – Von dem Ursprung der Stadt weist man nichts; sie mußte vordem oft den Türken, dem österreichischen Kaiser u. dem Fürsten von Siebenbürgen zugleich Tribut zahlen; 1564 wurde sie von Melch. Balasso u. 1565 von Laz. Schwendi fast ganz verbrannt; 1567 wurde, nachdem vorher alle Einw. die Reformation angenommen hatten, auf der hier gehaltenen Synode die Helvetische Confession angenommen; 1686 wüthete der kaiserliche General Anton Caraffa gegen die reformirten Bewohner der Stadt; 1707 wurde D. von dem kaiserlichen General Rabutin geplündert u. verwüstet; 1711 hier Congreß, wo sich die Ungarn dem Kaiser unterwarfen, s. Spanischer Erbfolgekrieg; 1715 wurde D. durch den Landtagsschluß von Preßburg unter die königlichen Freistädte aufgenommen. Hier Anfang 1849 Sitz der revolutionären Regierung u. 9. Jan. bis 30. Mai 1849 Abhaltung des ungarischen Landtags, auf welchem am 14. April sich Ungarn von dem Hause Habsburg lossagte; am 3. Juli wurde D. von den Russen eingenommen u. am 2. Aug. die Ungarn in der Nähe der Stadt von Paskiewitsch geschlagen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 775.
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