Dithmarschen [1]

[194] Dithmarschen, der westlichste Theil des Herzogthums Holstein, von der Elbe, Nordsee u. Eider begrenzt, durch starke Dämme gegen Überschwemmung gesichert; 231/2 QM., 66,500 Ew.; zerfällt in zwei Theile (Landschaften) Norder- u. Süder-D., deren jedes einen Gerichts- u. Verwaltungsbezirk bildet, der dem eines Amtes im übrigen Holstein[194] entspricht. Die Koege (s.d.) haben, bis auf einen, abgesonderte Verwaltung; alle Beamte müssen geborne Dithmarschen sein; Städte gibt es nicht, aber ansehnliche Flecken; Norder-D, hat 31,500 Ew. u. den Hauptort Heide; Süder-D. hat 35,000 Ew. u. den Hauptort Meldorf. Im Hafenorte Büsum befindet sich ein seit 1854 errichtetes sehr besuchtes Seebad; sehenswerth ist Dieksand, das größte jener Vorlande, welche sich allmälig jenseit der Meerdeiche anlegen. Die Dithmarschen gehören dem niedersächsischen Stamme an, doch sind friesische Elemente beigemischt. Von den alten Freiheiten sind dem Lande manche geblieben, von denen die wichtige die Selbstregierung ist. Die oberste Behörde bildet ein Gouverneur, unter demselben 2 Landvögte, einer für Norder-, der andere für Süder-D.; sie stehen der Justiz u. Polizei vor u. sind zugleich Ober-Deichgrafen; in Betreff der Gemeindeverfassung werden die einzelnen Ortschaften von Bauernvögten (Schulzen), Viermännern, Zweimännern (Buchhaltern), Pfandvögten u. Bauernschaftsvorstehern vertreten. Mehrere Dorfschaften bilden ein politisches Kirchspiel, welches gewöhnlich mit dem kirchlichen zusammenfällt; alle Dörfer sind im Kirchspielscollegium durch Bevollmächtigte vertreten; in diesen Collegien haben auch der Kirchspielsvogt u. die Deputirten für die landschaftlichen Versammlungen Sitz u. Stimme. Die D. besitzen seit 1321 einen eigenen Rechtscodex in altsächsischer Sprache, das Dithmarsche Landbuch genannt, das damals von 48 Richtern entworfen u. 1447 revidirt, 1497 gedruckt u. 1561 verbessert u. zuletzt 1711 neu aufgelegt wurde. Die Geestbewohner sind bemüht, den Culturzustand ihres von Natur minder erzeugungsfähigen Bodens zu heben, u. es werden von den immer noch in größerer od. geringerer Ausdehnung vorhandenen unfruchtbaren Haideflächen fortwährend neue Felder eingehegt u. in fruchtbare Äcker umgewandelt. Die älteren Männer tragen kurze enganschließende Beinkleider, die oben unterhalb des Kniees mittelst silberner Spangen geschlossen sind, u. kurze Stiefeln, welche die meist hellblauen Wollstrümpfe nicht ganz bedecken; eine gewöhnliche Tracht daneben ist die kurze Jacke, der Rock dagegen erscheint nur bei festlichen Gelegenheiten; den Kopf bedeckt ein breitkrämpiger schwarzer Filzhut, dessen Rand an 3 Seiten aufgebunden ist. Die jüngern Bauern u. Burschen tragen meist lange Beinkleider u. als Kopfbedeckung die Mütze. Die Tracht der Frauen besteht aus einer tief auf der Brust u. dem Rücken ausgeschnittenen Jacke, einem langen u. breitgestreiften wollenem Rocke u. Schuhen mit großen Silberspangen; den Kopf bedeckt eine kleine, eng anschließende, mit breiten Seiden- u. häufig auch mit Goldband besetzte Mütze, deren lange u. breite, tief auf die Brust herabhängende Seidenbänder unter dem Kinn in großen. Schleifen zusammengefügt sind.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 194-195.
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