Meyendorff

[225] Meyendorff, ein in Livland u. Kurland ansässiges, ursprünglich sächsisches Adelsgeschlecht; 1) Konrad von M., kam 1200 mit den Schwertrittern nach Livland u. erwarb dort großen Grundbesitz. 2) Freiherr Peter, Sohn des russischen General Kasimir von M., geb. um 1790, diente in den Feldzügen von 1812–13 gegen Napoleon u. wurde nach dem Pariser Frieden von 1815 im Departement der auswärtigen Angelegenheiten zu Petersburg mit diplomatischen Missionen betraut. So ging er 1820 als Chargé d'Affaire nach dem Haag, später als Legationssecretär nach Madrid, 1828 als Gesandtschaftsrath nach Wien u. 1833 als außerordentlicher Gesandter nach Stuttgart. Hierauf zum wirklichen Staatsrath ernannt, wurde er 1839 russischer Gesandter in Berlin u. vermittelte bis 1850 alle wichtigen Staatsangelegenheiten zwischen beiden Cabineten; er ging dann als Gesandter nach Wien u. nahm an den Olmützer Conferenzen von 1851 u. 1853 Theil. Im Juni 1854 von Wien abberufen, trat er in Petersburg als Reichsrath in das Departement für Staatswirthschaft u. ist zugleich Obersthofmeister u. Director des Cabinets des Kaisers. 3) Freiherr Alexander, jüngerer Bruder des Vor., ist in Livland begütert, bereiste zu wissenschaftlichen Zwecken Deutschland, Frankreich u. Italien u. wurde 1838 wirklicher Staatsrath. Er begleitete 1840 u. 41 den Engländer Murchison auf seiner großen wissenschaftlichen Reise im Norden des Europäischen Rußlands u. wurde später Präsident der Handelskammer in Moskau. Zur Hebung des Gewerbs- u. Fabrikwesens fertigte[225] er mit Paul Sinowjew eine industrielle Karte von Rußland an (Petersburg 1842); 1851 ging er im Auftrage der russischen Regierung nachchen eroberten Districten des Kaukasus, um hier industrielle Unternehmungen zu befördern u. Handelsverbindungen zwischen Transkaukasien, Odessa u. Moskau einzuleiten, u. wurde 1853 Geheimer Rath. Er schr.: Opyt prikladnoi Geologii preimuschestwenno sjéwernago basseina Jewropeishoi Rossii, Moskau 1849. 4) Freiherr Georg, einem andern Zweige als die Vorigen angehörend, widmete sich dem Militärstande, war 1820 Hauptmann u. ist bekannt durch seine wissenschaftliche Reise von Orenburg nach Bokhara, beschrieben in: Voyage d'Orembourg à Boukhara fait en 1820, Par. 1826 (deutsch von Scheidler, Jena 1826). Während des Polnischen Revolutionskrieges 1831 commandirte er das Kürassierregiment Prinz Albrecht, welches sich in der Schlacht bei Grochow besonders auszeichnete. Nach der Eroberung Warschaus wurde er Generalmajor, hierauf Generaladjutant des Kaisers Nikolaus, 1843 Generallieutenant, 1852 mit den Marstallangelegenheiten des kaiserlichen Hofes beauftragt u. im December 1855 Oberstallmeister u. Präsident des Hofstallamtes.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 225-226.
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