Renger, Familie

[812] Renger (Leipzig). Als der Gründer des bekannten Leipziger Verlages Rengersche Buchhandlung (Gebhardt und Wilisch) wird Simon Johann Hübner in Halle a. S. genannt, dessen Firma im Jahre 1672 zum ersten Male und zwar mit 2 Verlagsartikeln im Meßkataloge erscheint. Hübner war der Schwiegersohn des Buchhändlers Christoph Saalfeld des Aelteren in Halle, welcher von 1625 bis 1670 vorkommt. Möglicherweise hat Hübner das Geschäft seines Schwiegervaters nach dessen Tode übernommen. Hübners Verlagstätigkeit scheint keine allzu bedeutende gewesen zu sein, denn seine Jahresproduktion hob sich selten über 6-8 Verlagswerke; nur die Jahre 1676-78 machen eine Ausnahme insofern, als sie 58 Verlagsartikel der Hübnerschen Buchhandlung als erschienen im Meßkatalog verzeichnen. Hübner starb 1695; im folgenden Jahre erscheint auf den Verlagsartikeln des Hauses die Firma Johann Hübners Erben. Aber schon am 20. September 1697 verkauften diese das Geschäft an Hübners Schwiegersohn Johann Gottfried Renger, der es unter seinem Namen weiterführte und dessen neue Firma zuerst 1698 mit 4 Verlagsartikeln im Meßkatalog hervortritt. Er gab dem Geschäft einen bedeutenden Aufschwung und entwickelte bald eine außerordentliche Verlagstätigkeit. So erschien er schon 1699 mit 14, 1700 mit 16, 1701 mit 22, 1702 mit 19 Verlagsartikeln auf der Messe. Renger starb am 3. 3. 1718. 1705 firmiert das Haus Rengers Buchladen und 1707 Rengers Buchhandlung (mit 59 Verlagsartikeln). Nach dem Tode Rengers wurde das Geschäft von seinem Schwiegersohn Vick unter der Firma Rengers Erben fortgesetzt. Viele Jahre hindurch hielt sich die Firma in hoher Blüte und erscheint jährlich mit 20 bis 50 Artikeln auf der Messe. Erst von den Jahren 1750 an vermindert sich die Verlagstätigkeit wieder auf durchschnittlich 5 bis 7 Verlagswerke im Jahr.

Als infolge des siebenjährigen Krieges eine Verschlechterung der sächsischen Courantmünzen gegen die Reichsmünzen eingetreten war und Philipp Erasmus Reich, der Besitzer der Weidmann'schen Buchhandlung in Leipzig seine Preise erhöhte, indem er das sächsische[812] Courant nach dem Reichskurs annahm, schloß sich die Rengersche Buchhandlung als die erste außerhalb Leipzigs am 2. September 1762 diesem Vorgehen an und trat auch 1765 dem von Ph. E. Reich in Leipzig begründeten ersten Buchhändlerverein bei.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts kam die Buchhandlung in den Besitz von J. H. Schiff, welcher dieselbe wieder lebhafter betrieb und aus dessen Freundeskreisen später ihr bis dahin angesehenster Leiter hervorging. Das war Dr. Chr. Aug. Gottl. Eberhard, der Verfasser von »Hannchen und die Küchlein«. Er übernahm das Geschäft im Jahre 1807 und entwickelte daneben eine umfangreiche schriftstellerische Tätigkeit. Geschäftlich ließ er sich besonders die Bekämpfung des Nachdrucks angelegen sein und war auch hervorragend beteiligt bei der Gründung einer genossenschaftlichen Organisation des deutschen Buchhandels.

Behufs persönlicher Arbeitsentlastung trat er am 1. April 1822 die Sortimentsabteilung käuflich an Friedrich Ruff, den seitherigen Geschäftsführer seines Verlags ab.

Vorgerücktes Alter und zunehmende Kränklichkeit, dazu schwerer Kummer in seinem Familienkreise haben es schon im darauffolgenden Jahre für Eberhard wünschenswert gemacht, sich aus seinem bisherigen Geschäftsverhältnisse zurückzuziehen. So trat er denn im April 1835 seinen Verlag, worunter sich 15 verschiedene Werke seiner eigenen Feder befanden, käuflich an Friedrich Volckmar in Leipzig ab, welcher zu diesem Zwecke Bernhard Trinius und Heinrich Poppe als Teilhaber aufnahm. Volckmar vereinigte nunmehr die schon in seinem Besitz befindlichen Verlagsteile der Firmen Schaarschmidt und Volckmar (früher Hartmannsche Bchhdlg.) sowie Moritz Böhme in Stettin mit der Rengerschen Buchhandlung. Er stieß zugleich die nicht gangbaren Werke ab und brachte den so gebildeten neuen Verlag bald zu höchster Blüte. Aber schon im Juli 1845 löste Volckmar das Verhältnis mit seinen beiden Kompagnons auf, die Rengersche Buchhandlung ging gleichzeitig käuflich in den Besitz von Oskar Banckwitz in Leipzig über. Dieser verkaufte 1855 einen Teil seines Verlages mit der Firma an Wilhelm Otto Struwe in Berlin, den andern Teil an Otto Emil Graul in Leipzig, der ihn unter der Firma Emil Graul in Leipzig fortführte (später weiter verkauft an E. A. Seemann in Leipzig).

Von Struwe ging die Rengersche Buchhandlung 1882 käuflich an Robert Gebhardt und Max Wilisch in Leipzig über.

Außer einer größeren Anzahl Verlagsunternehmungen verschiedener Richtung, brachten diese von Anfang an ihr Hauptinteresse[813] dem Gebiete der Modernen Sprachen entgegen. Mit dem 1882 gegründeten Hauptunternehmen dieser Richtung »Französische und englische Schulbibliothek, herausgegeben von Dr. O. E. A. Dickmann« (ca. 230 Bändchen) leitete diese ausgeprägte Verlagsrichtung ein. Am 22. 11. 1906 starb Robert Gebhardt, der Leiter des Geschäfts, und da dessen Teilhaber Max Wilisch durch seine Druckerei in Chemnitz schon genügend in Anspruch genommen war, ging die Rengersche Buchhandlung am 1. Januar 1907 in den Besitz der Firma Velhagen u. Klasing in Bielefeld und Leipzig über.

Ueberblicken wir den Verlag der Firma, so fällt uns, namentlich in der älteren Zeit, eine große Reichhaltigkeit auf allen Gebieten der Literatur auf. Neben der schon genannten ausgeprägten pädagogischen Richtung, welcher die Firma in der Neuzeit sich fast ausschließlich zugewendet hat, finden wir u. a. vertreten: Gilberts Annalen der Physik; die neue Bibliothek oder Nachrichten und Urteile von neuen Büchern, 110 Teile; Fr. Butterwecks Schriften; Romberg-Fabers Conversationslexikon für bildende Kunst, 6 Bde.; Ferdinand Freiligrath und Lewin Schücking, das malerische und romantische Westfalen; F. H. v. d. Hagens deutsches Narrenbuch; Wilhelm Henses sämtl. Schriften, her. von H. Laube; Kruses berühmte Geschichtstabellen; A. Lafontaines Werke; A. Mahlmanns Schriften; Joh. Sporschils Geschichtswerke und des Chr. Thomasius Schriften usw.

Eine Reihe dieser und anderer Verlagsschriften ist inzwischen an andere Besitzer verkauft worden, so an Emil Strauß in Bonn, an Gustav Fock in Leipzig, Dr. P. Stolte in Leipzig u. a. m.

Quellen: Verlagskataloge 1846, 1898 uff.; Dreyhaupt, Chronik des Saalkreises.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 812-814.
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