Familie

[100] Familie, 1) (Ant. u. Bot.), s. Familia; 2) (Staatsw.), im eigentlichen Sinne die natürliche Genossenschaft, welche zwischen den Ehegatten u. deren Kindern stattfindet, im weiteren Sinne auch die Verbindung, welche zwischen allen Gliedern eines Hauswesens stattfindet u. daher auch die Diener des Hauses mit umfaßt, im weitesten der Kreis aller Verwandten, welche durch gemeinsame Abstammung verbunden sind (so v.w. Geschlecht). Die F. erscheint als eine Verbindung, welche durch die Natur des Menschen von selbst gegeben ist, insofern nur durch sie eine geordnete Fortpflanzung des Menschengeschlechtes, die Erziehung der heranwachsenden Generation, Unterhalt u. Pflege in den verschiedenen Lagen des Lebens genügend ermöglicht werden kann. Die daraus entspringenden Verhältnisse ergreifen deshalb auch die ganze Persönlichkeit Rechte, wie die Verpflichtungen der Familienglieder gegen einander, insoweit sie aus dem Familienbande hervorgehen, ruhen nicht sowohl auf singulären Rechtstiteln, sondern sind nur als die Producte des Gesammtverhältnisses zu betrachten, welches das Band der Familie nothwendig zwischen den Genossen derselben erzeugt. Aus diesem Grunde bildet das Familienrecht, wenn es auch für die Vermögensrechte vom verschiedensten Einfluß ist, doch einen für sich bestehenden, von den übrigen Theilen des Privatrechts charakteristisch verschiedenen Rechtstheil, welcher sich im Einzelnen in das Recht der Ehe (s.d.), der elterlichen, bes. väterlichen Gewalt (s.d.) u. der gewissermaßen als Ergänzung der letzteren zu betrachtenden Vormundschaft (s.d.) zerlegt. Von der Erhaltung guter Zucht u. Sitte innerhalb der Familie hängt zumeist das moralische Gedeihen eines ganzen Volkes ab. Je inniger daher das Familienleben ist, je mehr sich in dem Verhältnisse der Familienglieder zu einander die natürliche Zusammengehörigkeit ausprägt, um so sicherer darf man damit auch auf eine gesunde Grundlage des gesammten Volkslebens schließen. Das deutsche Volk hat sich von jeher durch eine sehr würdige Auffassung der Familienverhältnisse ausgezeichnet. Eine treffliche Schilderung der F., ihres Wesens u. ihrer Aufgabe hat neuerdings W. H. Riehl, Die Familie (als dritten Theil der Naturgeschichte des Volkes), Stuttg. 1855, geliefert.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 100.
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