Azoren

[161] Azōren oder Habichtsinseln heißen die neun, in drei Gruppen vertheilten Inseln im nördl. Theile des atlant. Meeres. Die erste Gruppe besteht aus den Inseln Sta.-Maria und St.-Miguel, die zweite aus Terceira, Graciosa, St.-Jorge, Pico und Fayal und die dritte aus Flores und Corvo. Außerdem gehört zu den A. noch die Gruppe der Formigas zwischen den zwei ersten Inseln, bestehend aus hohen unbewohnten Felsen, an denen eine starke Brandung stattfindet. Die A. wurden in den Jahren 1431 und 1432 von dem Portugiesen, Gonzalo Velho Cabral, aufgefunden. Das Klima der Inseln ist gemäßigt und die Sommerhitze wird durch die Seewinde gemildert. Selbst auf den Bergen tritt selten Frostkälte ein; nur der 7375 F. hohe. Pico auf der gleichnamigen Insel ist im Winter mit Schnee bedeckt. Der Boden der A, die ohne Zweifel durch vulkanische Ausbrüche entstanden sind, viele Spuren derselben aufzuweisen haben und häufig von Erdbeben heimgesucht werden, ist überall äußerst fruchtbar, der Anbau desselben dagegen noch sehr zurück. Auch die Gewerbe sind unbedeutend und ihre Erzeugnisse, die sich auf Leinwand, Tuch, Branntwein, Töpfergeschirr und Strohhüte beschränken, nicht ausgezeichnet. Für [161] den auswärtigen Handel liefern die A. Pomeranzen, Getreide, Hülsenfrüchte, Pataten, Wein und Branntwein, auch Leinwand nach Brasilien. Die vorzüglichsten Handelshäfen sind Ponta Delgado, Angra und Horta. An den Küsten der A. fangen die Nordamerikaner im Frühling Delphine und Pottfische, die hier sehr zahlreich sind. Die Einwohner auf den A., etwa 245,000, sind wohlgestaltet, verständig und tapfer. Seit ihrer Entdeckung gehörten diese Inseln zum Königreich Portugal und wurden bis zum I. 1828 durch einen Generalcapitain regiert. Im J. 1829 erklärten sie sich, in Folge der Aufforderung des Grafen Villaflor gegen Don Miguel und für die Königin Maria da Gloria, und als die Expedition Don Miguel's gegen Terceira gänzlich misglückte, ward die Insel der Sitz der Regentschaft der Königin.

Die Insel Sta.-Maria, vier Stunden lang und drei Stunden breit, besteht ganz aus Felsen, die nur wenig mit Erde bedeckt sind, ist sehr wasserreich und hat gegen 8000 Einw.; Weizen, Gerste, Hirse, Wein, ausreichend für den Bedarf der Bewohner, vortreffliches Obst und viele Rebhühner sind ihre Erzeugnisse. Dagegen ist Mangel an Holz. Die einzige Stadt auf derselben ist Porto mit 2000 Einw. – Die Insel St.-Miguel, 18 Stunden lang und 3 bis 4 Stunden breit, mit 100,000 Einw., hegt in ihrem Schooße vulkanisches Feuer und hat viele heiße Quellen; sie ist zwar gebirgig, hat aber auch sehr fruchtbare Ebenen und einiges Sumpfland. Sie bringt alle Getreidearten, ferner Pomeranzen und Citronen, von denen jährlich über 100,000 Kisten ausgeführt werden, und Wein hervor. Die Hauptstadt, Ponta Delgado, die größte und reichste auf den A., an der Südküste, treibt ansehnlichen Handel und wird durch das Kastell St.-Braz vertheidigt. – Terceira, sieben Stunden lang und vier Stunden breit, ist gebirgig, aber fruchtbar und bringt fast alle europ. und selbst tropische Gewächse hervor. Die erste Ansiedelung daselbst gründete Jak. von Brügge, ein Flamänder im portug. Dienste, der um 1450 St.-Sebastian anlegte. Die Insel trägt viele Spuren vulkanischer Erschütterungen und wurde auch in neuern Zeiten durch Erdbeben und Lavaströme verwüstet. Die Hauptstadt derselben, Angra mit 13,000 Einw., an der gleichnamigen Bucht, welche den Hafen bildet, erstreckt sich längs der Bai vom Kastell St.-Sebastian bis nahe an die Leuchtthurmbucht und nimmt die Abhänge der benachbarten Anhöhen ein, was ihr bei ihren schönen weißen Gebäuden ein äußerst malerisches Ansehn gibt. Westl. von der Stadt zwischen den Bergen und dem Meere ist die ganze Landschaft, welche Terra Cha genannt wird, mit Landhäusern und Obstgärten bedeckt. – Die Insel St.-Jorge ist zwölf Stunden lang, zwei Stunden breit und wird durch ein steil abfallendes Gebirge ihrer Länge nach in zwei Theile getheilt. Der nordöstl. Abhang derselben ist steil, Erdbeben und vulkanischen Ausbrüchen ausgesetzt und deshalb wenig bewohnt. Sie hat 20,000 Einw. und ihre Hauptstadt ist Velas mit 4000 Einw. – Graciosa, vier Stunden lang und zwei Stunden breit, wurde von Terceira aus bevölkert und verdankt ihren Namen dem schönen Anblick, den sie gewährt. Sie hat 12,000 Einw.; ihre Hauptstadt ist Sta.-Cruz mit 3000 Einw. Ihre Ausfuhr besteht in Wein und Branntwein. – Fayal, fünf Stunden lang und vier Stunden breit, hat 24,000 Einw. Die Stadt Horta auf derselben mit 10,000 Einw., ist besonders des geräumigen und sichern Hafens wegen berühmt, der von Schiffen aller Nationen auf ihrem Wege von Amerika, Afrika und Asien besucht wird. – Pico, 16 Stunden lang und 5 Stunden breit, des Berges wegen berühmt, der das ganze Jahr hindurch raucht und dessen Abhänge, während der Gipfel mit Schnee bedeckt ist, in üppigem Pflanzenwuchse prangen, hat 30,000 Einw. – Flores, fünf Stunden lang und drei Stunden breit, hat ein herrliches Klima, ist reich an Wasser und Holz und wird von 10,000 Menschen bewohnt, die aber wenig betriebsam sind und mit den übrigen Inseln in sehr geringem Verkehre stehen. – Corvo, die nördlichste und kleinste der A., ist nur zwei Stunden lang, eine Stunde breit und hat kaum 1000 Bewohner.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 161-162.
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