Chrysostomus

[429] Chrysostŏmus (Johannes), von 397–404 Bischof von Konstantinopel, erhielt wegen seiner allgemein bewunderten Rednergaben von der Nachwelt seinen »Goldmund« bedeutenden Namen, und wurde 354 zu Antiochia geboren. Nach seines Vaters frühem Tode von seiner christlichen Mutter erzogen und von ausgezeichneten Lehrern unterrichtet, widmete er sich anfangs mit Glück dem Advocatenstande, entsagte ihm jedoch bald, und wurde Vorleser an der Kirche seiner Vaterstadt, nachdem er vom Bischofe Meletius drei Jahre im Christenthum unterwiesen und dann getauft worden war. Wie frühzeitig sein frommer Wandel und seine Gelehrsamkeit Anerkennung fanden, beweist der Umstand, daß man 370 bei der Wahl eines Bischofs von Cäsarea zwischen Basilius (s.d.) und C. schwankte, Letzterer aber sich entfernte, um die Wahl auf Jenen zu leiten, den er für würdiger dazu hielt. Die Ausübung seines Wunsches, fern von der Welt in den Einöden Syriens sein Leben Gott zu weihen, suchte seine Mutter zu hindern, und wahrscheinlich erst nach ihrem Tode schloß er sich 374 den Einsiedlern im Gebirge an der Grenze von Antiochien an, und brachte später zwei Jahre unter den stärksten Kasteiungen und ohne sich niederzulegen in einer abgelegenen Höhle zu, ward aber durch seine zerrüttete Gesundheit zur Rückkehr nach Antiochia genöthigt, und hier 381 zum Diakonus ernannt und 386 zum Priester geweiht. Zum Stellvertreter des Bischofs berufen, war C. bald als der berühmteste Verkündiger des Wortes Gottes im ganzen Morgenlande bekannt, und als ihn 397 der Kaiser Arcadius als Bischof nach Konstantinopel versetzte, ließ er ihn heimlich dahin entführen, weil er den Widerstand der Bewohner von Antiochien fürchtete. C. erwarb auch in seinem neuen Wirkungskreise durch die Strenge seines Wandels, seinen Eifer für die Kirchenzucht und durch seine unbegrenzte Wohlthätigkeit, wegen der man ihn »den Almosenspender« nannte, die Achtung und Liebe des Volks, zerfiel aber bald mit dem Hofe, dessen Verderbtheit er keineswegs schonte. Mehre auf sein Ansehen neidische Geistliche verbanden sich daher mit der Kaiserin Eudoxia zu seinem Sturze, und in einer 403 vom Patriarchen Theophilus von Alexandrien gehaltenen Versammlung von Bischöfen wurde seine Absetzung ausgesprochen, welcher der Kaiser noch einen Verbannungsbefehl hinzufügte. Um nicht vom Volke zurückgehalten zu werden, entfernte sich C. heimlich, aber nach wenig Tagen schon rief ihn ein Eilbote der durch ein Erdbeben und das aufgeregte Volk erschreckten Kaiserin zurück, und er ward im Triumph in die Stadt eingeholt. Allein da C. unerschrocken fortfuhr, als strenger Sittenrichter zu sprechen, gelang es der Kaiserin 404 um so leichter, ihn zu vertreiben, da ein altes Kirchengesetz jeden durch eine Versammlung von Bischöfen entsetzten und nur durch bürgerliche Gewalt wieder eingesetzten Bischof für immer zur Verwaltung dieses Amtes untauglich. erklärte. C. wurde nach Nicäa in Bithynien, später nach der kleinen armen. Stadt Kukusa im Taurusgebirge verwiesen, von wo aus er noch immer die ihm treue Gemeinde von Konstantinopel leitete, für die Ausbreitung des Christenthums unter den Gothen und Persern wie früher wirkte und der Theilnahme der ganzen Christenheit genoß. Dies bewog seine vor des C. möglicher Rückkehr bangen Gegner, ihn noch weiter in die am schwarzen Meere gelegene Stadt Pityont bringen zu lassen, wohin die dazu beauftragten Soldaten den Greis barhaupt und zu Fuß in der größten Sonnenhitze transportirten. Dieser unmenschlichen Behandlung erlag C. jedoch schon unterwegs zu Komana in Pontus, wo er sich in das Oratorium des h. Basilius bringen ließ, weiße Kleider anlegte, das Abendmahl nahm, sein Gebet sprach und mit den gewohnten Worten schloß: Gott sei gelobt für Alles! dann sich bekreuzte und am 14. Sept. 407 verschied. Auch nach seinem Tode hielten seine zahlreichen Anhänger zusammen und drohten zu einer Spaltung der Kirche Veranlassung zu geben, der jedoch dadurch vorgebeugt [429] ward, daß des C. Leichnam 438 feierlich nach Konstantinopel gebracht und bestattet wurde. Später kamen seine Gebeine nach Rom, wo sie in der Kirche des Vaticans beigesetzt wurden. Die griech. Kirche feiert sein Gedächtniß am 13. Nov., die katholische am 27. Jan. Das christliche Alterthum besitzt keinen Prediger seines Gleichen, und durch seine an Klarheit und Erhabenheit den berühmtesten Werken der Griechen gleichenden Schriften hat er wohlthätiger als irgend ein Kirchenvater auf die Nachwelt gewirkt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 429-430.
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