Cotta von Cottendorf

[481] Cotta von Cottendorf (Joh. Friedr., Freiherr), geb. im Apr. 1764 zu Stuttgart, erwarb sich nicht blos als einer der thätigsten und einsichtsvollsten deutschen Buchhändler mannichfache Verdienste um die deutsche Literatur, sondern seine rastlose Wirksamkeit erstreckte sich auch über viele andere Zweige des öffentlichen und des industriellen Lebens. Sein Vater, Besitzer der 1640 von seiner Familie zu Tübingen gestifteten Buchhandlung, bestimmte ihn anfänglich für die Theologie, allein mit dessen Zustimmung widmete sich C. seit 1782 in Tübingen mit Vorliebe der Mathematik und den Kriegswissenschaften, beschäftigte sich dann noch mit der Rechtsgelehrsamkeit und lebte endlich einige Zeit in Paris, wo er Naturwissenschaften und besonders das Französische trieb, um der ihm angetragenen Stelle eines Erziehers des Prinzen Lubomirski in Warschau völlig gewachsen zu sein. Als jedoch der Übernahme dieses Amtes Hindernisse in den Weg traten, lebte C. kurze Zeit als Hofgerichtsadvocat und übernahm endlich 1787 fast ohne Mittel die sehr in Verfall gekommene väterliche Buchhandlung, welche sein unermüdliches und glückliches Streben zum ersten Range erhob und von der seit 1810 Zweighandlungen in Stuttgart, Augsburg und München errichtet wurden. Bei ihm erschienen ganz oder theilweise die Werke vieler unserer berühmtesten und besten Schriftsteller, z.B. die eines Göthe, Schiller, Herder, Jean Paul, Fichte, Voß, Pfeffel, Joh. Müller, Spittler, Alexander und Wilh. von Humboldt und Anderer, und die periodische Literatur verdankt seinem klugen Unternehmungsgeiste die »Horen« Schiller's und die »Politischen Annalen« seit 1795, die »Allgemeine Zeitung« seit 1798, das »Morgenblatt« seit 1807, mit dem später ein Kunst- und ein Literaturblatt verbunden ward; das »Polytechnische Journal«, den »Hesperus«, das »Ausland«, mehre Taschenbücher u.s.w., und das Talent fand bei ihm stets liberale Unterstützung. Schon 1799 hatte C. in Paris in Auftrag der würtemberg. Stände einen besondern Frieden unterhandelt, der jedoch nicht zur Ausführung kam, und 1801 besuchte er abermals die franz. Hauptstadt mit Aufträgen eines benachbarten deutschen Fürsten, kam auch später in mehrfache Berührung mit dem franz. Kaiser. Nachdem er sich 1811 in Würtemberg angekauft, ward er in den Freiherrnstand erhoben, denn er verschmähte Rang und Würden keineswegs, da sie ihm außerdem verschlossene Wege und Mittel öffnen konnten, daher er auch zuerst wieder den, zuletzt im 15. Jahrh. vom Kaiser Sigismund bestätigten, später nicht benutzten Adel seiner Familie, die von der gleichnamigen des alten Roms abstammen soll, geltend machte, was jedoch in seinem einfachen häuslichen Leben nichts änderte. Als gewählter Abgeordneter sprach er auf dem würtemberg. Landtage von 1815 für die alten Rechte des Stammlandes und nahm seit 1819 bis an seinen Ende Dec. 1832 erfolgten Tod, als ritterschaftlicher Abgeordneter, Ausschußmitglied und seit 1824 Vicepräsident der zweiten Kammer an den Verhandlungen der würtemberg. Stände Theil. Auf dem Bodensee versuchte C. 1825 die Dampfschiffahrt einzuführen, ordnete dieselbe dann auf dem Rheine mit sämmtlichen dabei betheiligten Staaten und unterhandelte 1828 in Auftrag von Baiern und Würtemberg einen Handels- und Zollvertrag mit Preußen. Vielerlei Auszeichnungen und die Titel eines preuß. geheimen Hofraths und bair. Kammerherrn sprachen die Zufriedenheit der ihm ihr Vertrauen schenkenden Höfe aus.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 481.
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