Erbfolgekriege

[679] Erbfolgekriege oder Successionskriege werden in der Geschichte vorzugsweise drei Kriege genannt, welche seit Anfang des 18. Jahrh. um das Erbe ausgestorbener europ. Regentenlinien geführt wurden; der span. Erbfolgekrieg entstand nach dem Tode König Karl II. (1. Nov. 1700), mit dem die span.-östr. Regentenlinie erlosch und der in einem ihm abgelockten Testamente den zweiten Enkel seiner ältern Schwester, der Gemahlin Ludwig XIV. von Frankreich und zweiten Sohn des Dauphin, den Herzog Philipp von Anjou, zum alleinigen Erben aller span. Reiche einsetzte. Östreich wollte mit den Waffen seine Ansprüche gegen Frankreich durchführen und wurde von England, Holland, Preußen und dem deutschen Reiche, mit Ausnahme von Baiern und Köln, sowie eine Zeit lang von Savoyen und Portugal unterstützt. Der Krieg begann 1701 in Italien, und wo Eugen und Marlborough (s.d.) befehligten, waren die Verbündeten im Vortheil; in Spanien selbst aber wechselte das Glück und der Erzherzog Karl, zweiter Sohn Kaiser Leopold I., mußte endlich nach der unglücklichen Schlacht von Villa viciosa (1710) und da er überdies 1711 auf den Kaiserthron berufen wurde, Spanien seinem Nebenbuhler überlassen. Im Apr. 1713 wurde darauf zwischen Frankreich, England, Holland, Portugal, Preußen und Savoyen der Friede zu Utrecht, im März 1714 zu Rastadt mit Östreich und im Sept. 1715 für das Reich zu Baden in der Schweiz abgeschlossen und Philipp V., der Begründer der Bourbons (s.d.) in Spanien, sah sich nach zwölfjährigem blutigen Kampfe im ruhigen Besitze des Thrones. Die span. Niederlande aber, Neapel und andere ital. Besitzungen gingen für Spanien zu Gunsten Östreichs verloren und England behielt das 1704 eroberte Gibraltar. – Der östr. Erbfolgekrieg brach nach dem 1740 erfolgten Tode Kaiser Karl VI. aus, mit dem der Mannsstamm von Habsburg-Östreich erlosch, und wurde durch die Friedensschlüsse zu Fuessen (1745) und Aachen (1748) beendigt. (S. Deutschland.) – Den bair. Erbfolgekrieg veranlaßten nach dem Erlöschen der bair.-wittelsbach'schen Linie mit dem Tode des Kurfürsten Max Joseph (30. Dec. 1777) die von Östreich und einigen kleinern Staaten erhobenen Ansprüche auf bair. Gebiete, und der nächste Erbe, Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz, hätte auch die östr. Foderungen gewährt, wenn nicht sein muthmaßlicher Nachfolger, der Herzog von Pfalz-Zweibrücken, von zwei preuß. Heeren unterstützt, dagegen aufgetreten wäre; der auf kleine Gefechte und Märsche beschränkt gebliebene Krieg wurde schon 1779 durch den Frieden zu Teschen beendigt und Ostreich durch Abtretung des Innviertels abgefunden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 679.
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