Heber

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[349] Heber ist ein einfaches Instrument, dessen eigenthümliche Wirksamkeit im Allgemeinen auf dem Druck der atmosphärischen Last beruht.

Es gibt jedoch verschiedene zu verschiedenen Zwecken dienende Instrumente, welche den Namen des Hebers führen. Sehr einfach ist der Stechheber. Er besteht, wie die Abbildung zeigt, aus einer kegelförmig (dütenförmig) zulaufenden Röhre, gewöhnlich von Glas, welche oben und unten offen und zum bessern Fassen mit einem Henkel versehen ist. Der obere weitere Theil bildet gewöhnlich ein bauchförmig ausgeschweiftes Gefäß. Die Öffnung bei B ist so klein, daß man sie bequem mit dem Daumen zudrücken kann. Senkt man diese Röhre mit dem untern Ende A, während die Öffnung bei B unbedeckt ist, in ein Gefäß mit Flüssigkeit, z.B. durch das Spundloch in ein Weinfaß, so steigt in dem Stechheber durch A die Flüssigkeit ebenso hoch, wie sie in dem Gefäße steht. Legt man nun den Daumen auf B und zieht den Stechheber heraus, so läuft die in ihm enthaltene Flüssigkeit nicht aus, sondern bleibt gleichsam hängen, obschon die Mündung A offen und nach unten gekehrt ist. Will man eine noch größere Quantität Flüssigkeit haben, so braucht man nur nach dem Einsenken der Spitze A den Mund auf B zu setzen und die Luft aus dem Stechheber einzusaugen. Allmälig steigt dann die Flüssigkeit empor, bis sie den ganzen Stechheber anfüllt. Verschließt man hierauf schnell mit dem Daumen (oder statt dessen mit einem zu diesem Zwecke angebrachten Hahne) die Öffnung B, so kann man die ganze Flüssigkeitsmasse im Heber forttragen. Sie läuft sogleich aus, wenn man B öffnet. Daß sie vorher in ihm hängen bleibt, davon ist der Grund der, daß die Luft gegen die Mündung A drückt und daß dieser Luftdruck stark genug ist, die Schwere der Flüssigkeit zu überwältigen, welcher gemäß dieselbe auslaufen müßte. Öffnet man aber B, so drückt die Last ebenso stark von oben wie von unten, und die Flüssigkeit, nur der Schwere gehorchend, fällt aus dem Stechheber.

Der gekrümmte Heber besteht aus einer einfachen Röhre, welche so umgebogen ist, daß sie einen Winkel bildet, dessen einer Schenkel etwas länger als der andere ist. Man bedient sich dieses Instruments zum Abziehen von Flüssigkeiten. Senkt man den kürzern Schenkel in das eine Flüssigkeit enthaltende Gefäß, z.B. in ein Faß, wie die Abbildung zeigt, und saugt am Ende B des längern Schenkels, so läuft endlich die Flüssigkeit durch diese Öffnung aus, und überläßt man den so hergestellten Apparat sich selbst, so ergießt sich allmälig so viel Flüssigkeit aus dem Gefäße, bis der Spiegel derselben unter die Mündung des kürzern Schenkels getreten ist. Um das Ansaugen des Hebers bequemer bewerkstelligen zu können, ist in der Abbildung ein Saugröhrchen angebracht, welches von dem untern Ende B in die Höhe geht. Man schließt dann, um den Heber in Gang zu bringen, erst B mit dem Finger und saugt am Saugrohre, bis die Flüssigkeit im Begriff ist, in dieses aufzusteigen, dann zieht man Mund und Finger zurück. [349] Der sogenannte würtembergische Heber hat zwei gleich lange, unten etwas umgebogene Schenkel. Ist er einmal gefüllt (durch Ansaugen), so kann man ihn mit einer der beiden Mündungen eintauchen, dann beginnt die andere zu fließen und wenn das Niveau der Flüssigkeit so tief gesunken ist, daß dieser Heber zu fließen aufhört, so bleibt er doch gefüllt. Das Wesen des Hebers erklärt sich daraus, daß, wenn in dem einen Schenkel die Flüssigkeit ausläuft, über ihr als bald ein leerer Raum entstehen würde, wenn nicht durch den andern Schenkel neue Flüssigkeit nachdrängte. Einen solchen leeren Raum läßt der Luftdruck gegen die Oberfläche der Flüssigkeit nicht entstehen, sondern derselbe treibt die Flüssigkeit nach, ganz in derselben Weise, wie dieses bei den Saugpumpen (s. Pumpen) der Fall ist.

Ein mehr interessantes als nützliches Instrument ist der sogenannte anatomische Heber. Er beruht auf dem bekannten Satze, daß in zwei miteinander in Verbindung stehenden Gefäßen jede in sie gegossene Flüssigkeit sich in gleiche Höhe zu stellen bestrebt. Ein weites niedriges Gefäß steht, wie die Figur zeigt, mit einer ziemlich langen, oben trichterförmig erweiterten Röhre in Verbindung. Der unten angebrachte Hahn ist für gewöhnlich verschlossen und wird nur nach dem Versuch geöffnet, um die Flüssigkeit abzulassen. Überbindet man nun das weite Gefäß mit einer Blase und gießt in die Röhre Wasser, bis es in der Gegend des Trichters steht, so wird die Blase gewaltig aufgetrieben und man kann ein bedeutendes Gewicht, z.B. den eignen Körper auf die Blase stellen, ohne daß diese eingedrückt würde. Die Kraft des Wassers in dem weitern Gefäße ist eine Folge seines Bestrebens, mit dem Wasser in der Röhre gleiche Höhe anzunehmen, und daher so groß, wie das Gewicht eines Wassercylinders von der Höhe der Röhre und dem Durchmesser des weitern Gefäßes. Da bei der angegebenen Vorrichtung die Blase sehr ausgedehnt wird, und dadurch alle ihre Häute und Gefäße sehr sichtbar werden, sich leicht anatomiren (zerlegen) lassen, so hat man dem Instrumente den angeführten Namen gegeben.

Endlich verdient noch der sogenannte Stoßheber oder hydraulische Widder, welchen der Erfinder des Luftballons, Montgolfier, zuerst hergestellt hat, Erwähnung. A ist ein Wasserbehälter, B eine Röhre, welche bei C verschlossen ist, bei D und E aber Öffnungen hat. Von diesen schließt sich die erste, wenn der Stoß des Wassers eine hohle, nicht zu schwere Metallkugel D, die für gewöhnlich von einem Drahtgitter vor dem gänzlichen Herunterfallen geschützt wird, andrückt, während auf der andern Öffnung eine aufliegende Klappe durch denselben Druck sich öffnet und Wasser über sich in das Gefäß F, aber nicht aus diesem zurücktreten läßt. G ist eine in das Gefäß F reichende beiderseits offene Röhre. Das Wasser fällt aus A durch B, stößt gegen D, drückt die Kugel an, öffnet E und tritt in gewisser Quantität über E. Dieser Vorgang wiederholt sich in einzelnen kurzen Stößen (daher der Name des Instruments), bald steht das Wasser in F über der untern Mündung der Röhre G und nun wird die Luft über dem Wasserspiegel im Gefäße F eingeschlossen und zusammengepreßt. Nach dem Grade dieser Zusammenpressung strebt aber auch die elastische Luft sich auszudehnen und so treibt sie das Wasser in das Rohr G empor, welches eine ziemlich bedeutende Lange haben muß, wenn das Wasser nicht wie bei einem Springbrunnen aus ihm emporschießen soll. Man hat diesem Instrumente eine nützliche Anwendung zu geben gesucht, der Umstand aber, daß durch das Stoßventil D immer eine ziemlich bedeutende Quantität Wasser verloren geht, welches sich auf lästige Weise anhäuft, macht das Instrument ziemlich unbrauchbar.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 349-350.
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