Marienbad

[59] Marienbad im pilsener Kreise des Königreichs Böhmen, Eigenthum der reichen Prämonstratenserabtei zu Tepl, [59] fünf M. von Karlsbad, sechs M. von Eger, in einem von waldigen Bergen umgebenen Thale, 1932 F. über dem Meere gelegen und noch zu Ende des vorigen Jahrhunderts eine schwer zugängliche Wildniß, gehört gegenwärtig zu den besuchtesten Badeorten Deutschlands, trotzdem daß es eigentlich erst seit 20 Jahren seiner Heilquellen halber in Ruf gekommen ist. Zur Benutzung derselben bestehen gegenwärtig die mannichfaltigsten Einrichtungen; stattliche, von Gartenanlagen umschlossene Gebäude dienen zu Wohnungen für Kurgäste, und die Kunst hat sich zu den romantischen Umgebungen gesellt, um den Aufenthalt hier auch sonst angenehm und erheiternd zu machen. Die Heilquellen zu M. gehören zu den kalten Mineralwassern und zerfallen nach Verschiedenheit ihrer Mischungsverhältnisse und Wirkungen in alkalische Glaubersalzquellen, alkalisch-salinische Eisenquellen und alkalisch-salinische Säuerlinge. Von festen Bestandtheilen enthalten sie hauptsächlich schwefelsaures Natron oder Glaubersalz, salzsaures Natron oder Kochsalz, kohlensaures Natron, kohlensaure Kalkerde, kohlensaure Talkerde, von flüchtigen kohlensaures Gas, werden vorzugsweise getrunken, aber auch zu Bädern aller Art benutzt; endlich dient der Mineralschlamm aus dem bei M. befindlichen Moorlager sowol zu allgemeinen als örtlichen Schlammbädern. Von den Quellen ist der von einer auf Säulen ruhenden Halle umgebene Kreuzbrunnen, von dem jährlich gegen 200,000 Krüge versendet werden, die berühmteste. Die andern sind: Der Marienbrunnen oder die Badequelle; der nach der Kaiserin von Östreich benannte Karolinenbrunnen, früher der Neubrunnen genannt; der Ambrosiusbrunnen; der nach Kaiser Ferdinand I. benannte, eine Viertelstunde von M. entfernte Ferdinandsbrunnen oder die auschowitzer Quelle und die Waldquelle oder der Äolsbrunnen. Die Krankheiten, gegen welche man die Heilquellen zu M. empfohlen hat, sind sehr zahlreich. Der Kreuzbrunnen, gewissermaßen ein kaltes Karlsbad, wird mit Nutzen angewendet, wo hauptsächlich eine auflösende, eröffnende Wirkung gewünscht wird. Den Ferdinands-, Ambrosius- und Karolinenbrunnen rühmt man dagegen in allen den Fällen, wo weniger auflösend und abführend, als vielmehr belebend und reizend eingewirkt werden soll. Die Bäder von der Marienquelle oder dem Ambrosius- und Karolinenbrunnen werden zur Unterstützung des innern Gebrauchs der eisenreichern Quellen von M., besonders aber zur Belebung und Stärkung bei hartnäckigen rheumatischen and gichtischen Leiden, langwierigen Hautausschlägen, Verhärtungen u.s.w. verordnet. Die Gasbäder in verschlossenen Badewannen oder auch nur für einzelne Theile des Körpers kommen bei Unterdrückung der weiblichen Regeln, des Goldaderblutflusses, skrofulösen Geschwülsten und Geschwüren, gichtischen oder rheumatischen Lähmungen, langwierigen Hautausschlägen, veralteten Leiden der Sinnesorgane, namentlich des Gesichts und Gehörs, insofern sie durch örtliche Schwäche bedingt werden, die Mineralschlammbäder ganz besonders bei Lähmungen und hartnäckigen gichtischen Beschwerden in Anwendung.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 59-60.
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