Nachfolge Christi

[233] Nachfolge Christi (die) bezeichnet nach dem biblischbildlichen Ausdrucke die Denk- und Sinnesart des Christen, wie er sich dieselbe als treuer Jünger Jesu im steten Hinblick auf das erhabene Vorbild seines Meisters anzueignen sucht. Das Leben des Christen wird hierdurch als ein Pilgerpfad vorgestellt, auf welchem die erhabene Tugend Christi als hehres Beispiel vorleuchtet und wir uns zu bestreben haben, in seine Fußtapfen zu treten, was Christus andeutet, wenn er »in seiner Liebe wandeln« oder »sein Kreuz auf sich nehmen und ihm nachzufolgen« heißt. Ganz besonders ist von der Nachfolge Christi in Hinsicht christlicher Duldung von Widerwärtigkeiten und schweren Leiden die Rede; auch führt ein berühmtes, nächst der Bibel am häufigsten gedrucktes und in alle Sprachen übersetztes Buch den Titel »Von der Nachfolge Christi«, dessen Verfasser Thomas von Kempis, von seinem Geburtsorte Kempen im ehemaligen Erzbisthume Köln, gest. 1471, nach Andern Gerson, der Abt eines Benedictinerklosters in der Lombardei, gewesen sein soll. Es ist weniger eine Anweisung für den Christen, wie er den Erlöser der Welt nachahmen soll, als eine Sammlung erbaulicher Betrachtungen und Sittenlehren für Mönche berechnet und im Geiste ihrer Moral abgefaßt, bei Allem dem aber die beste unter allen Erbauungsschriften, die vom 5.–10. Jahrh. geschrieben worden, und die von der scholastischen Spitzfindigkeit und dem groben Aberglauben jener Zeit frei, dabei voll ist von wahren und fruchtbaren Lehren, wie sie das lebendige Christenthum gebietet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 233.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: