Richter [2]

[707] Richter ist eine zur Handhabung der Gerechtigkeitspflege bestellte Person. Den Inbegriff der ihm zu diesem Zwecke zustehenden Befugnisse und den Kreis seiner Wirksamkeit nennt man das Richteramt. Vor allen Dingen ist erfoderlich, [707] daß der Richter zur Übernahme seines Amtes gehörig befähigt sei. Die Gesetze verlangen in dieser Beziehung, daß derselbe an keinen physischen Mängeln leide, sondern den vollen Gebrauch seines Verstandes habe und weder taub, stumm noch blödsinnig sei; auch muß er ein angemessenes Alter erreicht haben. Ferner werden, außer einem guten Ruf, auch eine gehörige juristische Ausbildung und die nöthigen Rechtskenntnisse vorausgesetzt. In letzterer Beziehung sind die Qualificationen, welche Jemand besitzen muß, um zum Richteramte gelangen zu können, in den verschiedenen deutschen Staaten durch specielle Vorschriften näher bestimmt und sie fallen in der Regel mit denen zusammen, welche zur Erlangung der Advocatur erfoderlich sind. Endlich darf der Richter von der Entscheidung der an ihn gebrachten Sachen weder Nutzen noch Schaden zu erwarten haben. Ein solches Interesse wird aber angenommen, wenn der Richter zu einem der streitenden Theile in dem Verhältniß der Ältern und Kinder, des Mannes und der Frau, naher Verwandtschaft und Schwägerschaft, oder des Herrn zum Gesinde steht, sowie auch wenn Jemand vor Annahme des richterlichen Amtes als Sachwalter einer der jetzt vor ihm streitenden Parteien gedient hat. In allen diesen Fällen wird angenommen, daß der Richter nicht unparteiisch sein werde, er wird jedoch nicht unfähig zum Richteramte, sondern blos verdächtig. Wollen die Parteien aber von diesem Mangel absehen und trotzdem vor ihm Recht nehmen, so steht ihnen dies frei, wollen sie es aber nicht, so müssen sie ihn perhorresciren (s.d.). – Jeder Richter muß bei Übertragung seines Amtes durch den Richtereid die Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten angeloben. In der Regel darf er nur an Gerichtsstelle seine Functionen ausüben und hat dazu bestimmte Tage, Gerichtstage, anzusetzen. (S. Gerichte.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 707-708.
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