Schildkröten

Schildkröten
Schildkröten

[75] Schildkröten (die) bilden eine ziemlich zahlreiche Ordnung der Amphibien.

Ihr unterscheidendes Merkmal vor allen andern Thieren ist das harte Doppelschild, welches sie oben und unten bedeckt. Beide Schilder sind mit [75] harter Haut oder hornartigen Platten überzogen und so aneinander gefügt, daß nur für den Kopf, die vier Beine und den Schwanz Öffnungen bleiben. Durch diese Öffnungen können die meisten Schildkröten die genannten Glieder auch nach innen zurückziehen. In dem schlangenartigen Kopfe haben sie keine Zähne, sondern statt deren harte Knorpel oder einen Hornüberzug. Die Augen sind groß und die Zunge ist kurz und stachlig. Man findet sie theils im Meere, theils in süßen Gewässern, theils auf dem Lande und theilt sie nach diesem ihren Aufenthalte ein. Die Eier der Schildkröten haben einen pergamentartigen Überzug und werden von ihnen in ziemlich großer Anzahl in den Sand oder in das Erdreich gelegt, wo sie die Sonnenwärme ausbrütet. Die Schildkröten haben ein ungemein zähes und langes Leben, wie man denn zu Peterborough in England eine Schildkröte hatte, von der man nachweisen konnte, daß sie wenigstens 220 Jahre alt war. Fleisch und Eier der meisten Schildkröten werden gegessen und die Hornplatten des Rückenschildes einiger Arten geben das Schildpatt. – Die Meerschildkröten haben hinten kürzere Beine als vorn, ein flachgewölbtes, ovales Schild und können den Kopf und die Füße nicht einziehen. Der Hals ist kurz und der Kopf ist kugelförmig. Sie leben von Meerpflanzen. Zu ihnen gehört die Riesenschildkröte. Dieselbe ist von grünlicher Farbe, erreicht eine Länge von 6–7 F. und wird gegen 800 Pf. schwer. Man findet sie in den Meeren der heißen Zone, wo sie eins der Hauptnahrungsmittel der Küstenbewohner abgibt. Fleisch, Fett und Eier sind wohlschmeckend und gesund und das Fleisch wird theils frisch, theils eingesalzen verspeist. Man kann diese und andere Meerschildkröten sehr leicht fangen. Wenn sie nämlich des Nachts an das Ufer kommen, um ihre Eier abzusetzen, so lauert man ihnen auf und legt sie (da sie so schwer sind, mit Anwendung von Hebebäumen) auf den Rücken, wo sie sich dann nicht wieder umzuwenden vermögen (S. die umstehende Abbildung.) Die Panzerschuppen der Karetschildkröte liefern das Schildpatt. Dieselbe hat auf dem Rückenschilde 13 und auf dem Brustschilde 12 Schildplatten oder Schuppen, welche glatt und durchsichtig sind. Ihre Farbe ist schwarzbraun, mit unregelmäßigen, durchsichtigen, röthlichen oder gelblichen Flecken. Sie wird nicht so groß wie die Riesenschildkröte und nur etwa 200 Pf. schwer. An den Küsten Amerikas im atlant. Meere innerhalb der Wendekreise kommt sie ziemlich häufig vor. Die Eier werden gesucht, aber das Fleisch ist ungesund. Während die Meerschildkröten keine oder nur sehr kurze Nägel haben, sind die Süßwasserschildkröten an den Zehen mit Krallen ausgestattet. Zwischen den Zehen haben sie Schwimmhäute, Kopf und Füße können sie einziehen. In Süd- und Osteuropa bis Preußen findet man die europäische Wasserschildkröte, welche eine wenig gewölbte, länglichrunde Schale hat, die ziemlich glatt, schwärzlich und durchaus mit gelblichen, in Strahlen stehenden Punkten besäet ist. Sie wird über 1 F. lang, lebt in sumpfigen Orten, kann gut schwimmen und läßt sich zähmen. Ihr Fleisch ist sehr wohlschmeckend. – Die Landschildkröten haben ein stark gewölbtes Rückenschild, das dicht mit hornigen Platten bedeckt ist. Die Zehen sind kurz und bis an die dicken kegelförmigen Nägel verwachsen. Sie leben vorzugsweise auf dem Lande und verkriechen sich während des Winters in Erdlöcher. Am häufigsten findet [76] man an den Ufern des Mittelmeeres die griechische Schildkröte, welche die Größe eines Handtellers erreicht und erhabene, viereckige, schwarze, mit gelben Linien vergitterte Felder auf dem Schilde hat. Durch schöne regelmäßige Zeichnung der Felder auf dem eirund gewölbten Rückenschilde zeichnet sich die geometrische Schildkröte aus, welche am Vorgebirge der guten Hoffnung gefunden wird. Eigenthümliche Arten der Süßwasserschildkröten sind noch die Matamata, welche in Amerika vorkommt und ein sehr schmackhaftes Fleisch hat, und die beißige Schildkröte, welche auf kleine Thiere Jagd macht. Diese gehört zu den sogenannten Weichschildkröten, welche auf dem Schilde keine Schuppen, sondern eine weiche Haut und einen mehr knorpeligen als knochigen Panzer haben. – Besonders in Großbritannien gerühmt und beliebt sind die Schildkrötensuppen oder Turtlesuppen, welche außerordentlich theuer sind und daher in den Mockturtlesuppen nachgeahmt werden. – Das schon erwähnte Schildpatt oder Schildkrot wird zu allerhand feinern Geräthschaften verarbeitet. Es nimmt eine sehr schöne Politur an, läßt sich in heißem Wasser erweichen, zwischen warmen Pressen dünn und ganz eben pressen und durch heißes Pressen aneinander fügen, ja sogar schmelzen. Man macht daraus Messerschalen, Dosen, Uhrgehäuse, Haarkämme u.s.w.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 75-77.
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