Serbien

Balkanhalbinsel. I. (Karten) [Detailkarten: ] Belgrad, Sofia, Bukarest, Russland, Ungarn, Rumänien, Serbien, Bulgarien, Türkisches Reich, Kleinasien, Griechenland, Isthmus von Korinth, Athen und Umgebung, Konstantinopel
Balkanhalbinsel. I. (Karten) [Detailkarten: ] Belgrad, Sofia, Bukarest, Russland, Ungarn, Rumänien, Serbien, Bulgarien, Türkisches Reich, Kleinasien, ...
Balkanhalbinsel. II. (Karten) 1. Geolog. Übersicht und Mineralfundstätten. 2. Physikalische Übersicht. 3. Pflanzen- und Tiergeograph. Übersicht. 4. Volksdichte. 5. Historische Übersicht.
Balkanhalbinsel. II. (Karten) 1. Geolog. Übersicht und Mineralfundstätten. 2. Physikalische Übersicht. 3. Pflanzen- und Tiergeograph. Übersicht. 4. ...
1727. Serbien.
1727. Serbien.
Flaggen.
Flaggen.

[692] Serbien (Srbija), Königreich an der untern Donau [Karten: Balkanhalbinsel I, I, 4 und II], 48.303 qkm, (1904) 2.676.989 E., von drei Gebirgssystemen, dem Ostserbischen (in der Suva-Planina 1980 m), dem Bosnisch-Serbischen (in der Kopaonik-Planina 2140 m) und der reich bewaldeten Šumadija (Rudnik 1169 m) durchzogen; Hauptfluß die Morava; ausgedehnte Wälder (35 Proz. des Landes). Bevölkerung vorwiegend (1901: 2.331.107) Serben, außerdem 89.873 Rumänen, 46.148 Zigeuner etc.; griech.-kath. Konfession vorherrschend, doch Kultusfreiheit. Landwirtschaft [s. auch Beilage: Getreide] wichtigster, aber nicht rationell betriebener Erwerbszweig; Seidenzucht, Tabakbau, bedeutende Schweinezucht. Industrie unbedeutend (Waffen- und Munitions-, Tuchfabriken). Handel im Steigen begriffen, s. Beilage: Europa; Landesmünze der Dinar = 1 Frs.; Eisenbahnen s. Beilage: Eisenbahnen; Telegraphenlinien (1904) 3281 km. Verfassung vom 22. Dez. 1888 (2. Jan. 1889), erneuert 5. (18.) Juni 1903, konstitutionelle Erbmonarchie; Nationalversammlung (Skuptschina) von 160 vom Volk erwählten Mitgliedern, Selbstverwaltung der Gemeinden; Einteilung in 17 Kreise außer Belgrad-Stadt; Hauptstadt Belgrad. Finanzen s. Beilage: Finanzen. Heerwesen: Die allgemeine Dienstpflicht dauert vom 21. Lebensjahre an, und zwar 5 Jahre im stehenden Heer, 8 Jahre in der Reserve, 6 Jahre im ersten und 8 Jahre im zweiten Aufgebot der Nationalmiliz. Die Friedensstärke beträgt (1905) 1815 Offiziere, 25.597 Mann, 4889 Pferde, 438 bespannte Geschütze, die Kriegsstärke ist auf 160.507, einschließlich der beiden Aufgebote 353.122 Mann zu berechnen. Die Infanterie führt ein 7 mm-Magazingewehr M 99 (System Mauser), die Feld- und Gebirgsartillerie 8 cm-De Bange-Geschütze. Unterrichtswesen noch unentwickelt; eine Hochschule mit 3 Fakultäten, eine theol. Lehranstalt, eine Kriegsakademie zu Belgrad etc. Wappen: silberner goldbewehrter Doppeladler in rotem Felde, auf der Brust silbernes Kreuz in rotem Felde mit vier Feuerstählen [Abb. 1727]; Flagge: Rot-Blau-Weiß [Tafel: Flaggen]. Orden s. Beilage: Orden.Geschichte. S., im Altertum von illyr. und thraz. Stämmen bewohnt, gehörte nach der Eroberung durch die Römer zu Dalmatia, Moesia superior und Dardania. Nach den Zügen der Goten, Hunnen und Avaren folgte im 7. Jahrh. die Einwanderung der Slawen. Diese breiteten sich auch über Montenegro und Bosnien aus und standen unter einem Großžupan als Vasall des byzant. Kaisers. Stephan Vojslav (nach 1040) kämpfte siegreich gegen die Byzantiner; unter Stephan Duschan (1331-55), der den kaiserl. Titel (Zar) annahm, erreichte das Reich seine größte Ausdehnung, doch unter seinem Sohn Urosch V. (1355-71) verfiel es bereits, und durch die Schlacht auf dem Amselfeld 1389 kam der größte Teil S.s unter türk. Herrschaft, der Rest 1459. Die Willkür und Grausamkeit der Türken veranlaßte 1804 einen Aufstand unter Georg Karadjordje (s.d.) und 1815 einen zweiten unter Milosch Obrenowitsch; letzterer ward 1817 zum Fürsten erwählt und als solcher 1830 von der Pforte anerkannt; außerdem erhielten die Serben die ihnen bereits eingeräumten Rechte und Freiheiten bestätigt. Die Fürstenwürde blieb in der Familie Obrenowitsch (s.d.), nur 1842-58 durch die Regierung Alexander Karadjordjewitsch unterbrochen. Milan Obrenowitsch IV., Fürst seit 10. Juni 1868, proklamierte, der russ. Hilfe versichert, 30. Juni 1876 den Krieg gegen die Türken, um völlige Unabhängigkeit zu erlangen; aber sein General Tschernajew wurde geschlagen, und nur infolge der Einmischung der Großmächte bewilligte die Türkei im Frieden vom 28. Febr. 1877 die Wiederherstellung des Zustandes vor dem Kriege. Nach dem Ausbruch des Russ.-Türk. Krieges erklärte S. 14. Dez. 1877 abermals den Krieg gegen die Türken; auf dem Berliner Kongreß (13. Juli 1878) wurde die Unabhängigkeit des Landes anerkannt. 6. März 1882 erfolgte die Erhebung S.s zum Königreich. Die Vereinigung Ostrumeliens (s.d.) mit Bulgarien veranlaßte 13. Nov. 1885 die Kriegserklärung S.s an Bulgarien. Die Serben rückten 14. Nov. in Bulgarien ein, wurden aber nach dreitägigen Kämpfen bei Slivnica (17. bis 19. Nov.) wieder zurückgedrängt; 26. Nov. überschritten die Bulgaren die serb. Grenze und siegten 27. Nov. bei Pirot, das sie einnahmen. Infolge der Drohung Österreichs stellten sie jedoch den Kampf ein; 21. Dez. wurde ein Waffenstillstand und 3. März 1886 der Friede zu Bukarest abgeschlossen. Infolge innerer Zwistigkeiten dankte Milan 6. März 1889 zugunsten seines minderjährigen Sohnes Alexander ab, unter dem die innern Parteiwirren das Land weiter beunruhigten, wozu noch bes. die Vermählung Alexanders (1900) mit Draga Maschin, der Witwe eines Ingenieurs, beitrugen, die den König bald ganz beherrschte. 1901 wurde eine neue Verfassung verkündet, die das Zweikammersystem einführte, aber 7. April 1903 durch einen Staatsstreich des Königs wieder aufgehoben, nach Ernennung neuer Senatoren und Staatsräte jedoch wieder in Geltung gesetzt. Eine darauf gebildete Verschwörung von Offizieren führte in der Nacht zum 11. Juni zur Ermordung des Königs, der Königin und mehrerer ihrer Anhänger. Die Nationalversammlung wählte am 15. Juni den Prinzen Peter Karadjordjewitsch zum König (Peter I.). – Vgl. Wittinghausen und Szatmarvar (1883), Millet (franz., 1889), Coquelle (franz., 1894), Tuma (1894), Kohn (1894), Vivian (engl., 1897), Lazard und Hogge (franz., 1900), Durham (engl., 1904); zur Geschichte: Hilferding (2 Bde., 1856-64), Kállay (1878 fg.), Mijatović (engl., 1872), Kanitz (Bd. 1, 1904).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 692.
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