Cortez

[219] Cortez, Fernando, geb. 1485 zu Medellin in der Landschaft Estremadura, vertauschte das Jus mit dem Degen, ging nach Westindien u. half Cuba erobern. Der Statthalter Velasquez auf San Domingo übergab dem C. eine Expedition von 800 Mann, um das eben entdeckte goldreiche Mexiko zu erobern. Dies war ein Privatunternehmen des Velasquez, eine Speculation, bei welcher er sein Vermögen einsetzte, man begreift deßwegen, warum derselbe wie alle ähnliche Speculanten so eifersüchtig auf die Abenteurer war, denen sie das Commando von dergleichen Expeditionen übertrugen. Andererseits sah die Krone mit ebenso scharfem Auge auf diese Unternehmungen, denn sie mußte darauf halten, daß aus denselben nicht alsobald unabhängige Staaten mit einer Militäraristokratie hervorgingen. Mit diesen beiden Controlen hatte C. bis an sein Ende zu schaffen, er war aber immer so klug, die Sachen so zu leiten, daß alle seine Schritte als die Folge des ihm von den Truppen auferlegten Zwanges erschienen. Als er bei San Juan de Uloa auf mexikanischem Boden gelandet hatte, unterstützte er sogleich die Fürsten der von den herrschenden Mexikanern unterdrückten Stämme und sicherte die Küste. Als Velasquez ihn abgesetzt erklärte, brach unter den Truppen ein Aufstand aus; sie sagten sich von Velasquez los, ernannten einen selbstständigen Rath ihrer erst noch zu gründenden Stadt und dieser ließ nicht nach, bis C. den Oberbefehl über die Truppen übernahm. Dann [219] wurde auf deren Beschluß die Flotte vernichtet und C. brach gegen Mexiko auf, angeblich weil er dem mexikanischen Fürsten Montezuma persönlich eine Botschaft von Kaiser Karl V. überbringen müsse. Unterwegs gewann er die Republik Tlascala für ein Bündniß, vereitelte eine Verschwörung in der großen Stadt Cholula mit blutiger Strenge u. zog in die Hauptstadt Mexiko ein. Montezuma bewillkommte die Fremden als Freunde, quartierte sie in einem Palaste ein u. beschenkte sie reichlich; die Spanier sahen jedoch bald, daß sie von den Mexikanern umgarnt wurden u. daß sich ein allgemeiner Angriff vorbereitete; darum nöthigten sie den Montezuma bei ihnen zu wohnen und seinem Volke bekannt zu machen, er sei aus Freundschaft zu den Spaniern übergesiedelt. Unterdessen hatte Velasquez 1000 Mann unter einem gewissen Narvaez nach Veracruz geschickt, um den C. gefesselt nach Spanien zu liefern; dieser unterhandelte scheinbar mit Narvaez, bestach aber mit Montezumas Gold dessen Truppen, überfiel ihn u. nahm ihn gefangen. Mit dessen Soldaten verstärkt zog er wieder nach Mexiko, wo sein Hauptmann Alvarado sich nur mit Mühe gegen den Aufstand der Stadt behauptete. C. rettete ihn zwar, aber er wurde nun selbst in seinem Quartiere belagert und konnte sich endlich in der sogenannten »traurigen« Nacht nur mit dem Verlust seiner halben Mannschaft durchschlagen und wäre auf dem Rückzuge nach Veracruz ohne die treue Hilfe Tlascalas verloren gewesen. Nachdem er seine Truppe verstärkt und neu ausgerüstet hatte, zog er zum zweitenmale gegen Mexiko, bemächtigte sich durch eine Flotille des Sees, bewog die Anwohner desselben zum Abfalle, eroberte die Dammwege zu der Stadt u. von derselben ein Stück nach dem andern, das dann sogleich niedergerissen wurde, weil C. keine Straßengefechte mehr liefern wollte. Der letzte Kaiser, Quaitemozin, wollte aus der ausgehungerten Stadt über den See entfliehen, wurde aber gefangen und die Stadt mit dem ganzen Reiche unterwarf sich. Karl V. bestätigte C. u. alle seine Einrichtungen, schickte jedoch Beamte hinüber, mit denen C. und dessen Gefährten bald in Streit kamen. Nach einer mißglückten Unternehmung gegen Honduras brach der Hader mit erneuter Stärke aus u. C. ging nun selbst nach Spanien, um seine Sache vor dem Kaiser zu führen. Er wurde mit Ehren überhäuft und mit großen Gütern in Mexiko beschenkt, von der Regierung des eroberten Landes jedoch entfernt gehalten. Später machte er eine Untersuchungsreise nach Californien, ging hierauf zum zweitenmale nach Spanien, von wo er nicht mehr nach Mexiko zurückkehren durfte. Er machte mit Karl V. die Expedition gegen Algier mit und fiel gänzlich in Ungnade, als er die Leitung derselben laut tadelte. Er st. 1554 auf seinem Landgute bei Sevilla; die von ihm selbst verfaßten Berichte an Karl V. über seine Unternehmungen zeichnen sich durch Klarheit, Einfachheit und Würde aus. C. war nach Columbus der erste jener Entdecker und Eroberer; er war tapfer, unternehmend, klug u. großmüthig, gewaltthätig u. grausam nur, wenn er es zu seiner eigenen Rettung sein mußte. Er hielt Tlascala das gegebene Wort, duldete überhaupt keine Mißhandlung der Eingebornen, ja er verbesserte die Lage des gemeinen Volkes und stellte den Adel den Spaniern gleich, das zerstörte Mexiko ließ er sogleich wieder aufbauen.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 219-220.
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