Blondel

[68] Blondel (spr. blongdell), 1) der Sage nach Spielmann im Dienste des Richard Löwenherz. Als dieser auf der Heimkehr aus Palästina vom Herzog Leopold von Österreich in Wien gefangen genommen und auf der Feste Dürrenstein eingesperrt worden, soll B. ihn lange gesucht und endlich dadurch aufgefunden haben, daß er vor Richards Kerker dessen Lieblingslied angestimmt, worauf der Gefangene mit der zweiten Strophe geantwortet habe. B. soll dann nach England zurückgekehrt sein und Richards Auslösung bewirkt haben. Die Sage findet sich zuerst in den »Récits d'un ménestrel de Reims« (vom Jahre 1260, Ausgabe von de Wailly, Par. 1876). Sie ist durch den Roman »La Tour ténébreuse« von Frl. Lhéritier (1705) bekannter geworden und liegt Grétrys Oper »Richard Cœur de Lion« (Text von Sédaine, 1784) zu Grunde. Vgl. de Puymaigre, Folklore, S. 206ff. (Par. 1885). – Er ist nicht zu verwechseln mit dem von Tarbé (Reims 1862) herausgegebenen altfranzösischen Lyriker Blondel de Nesle.

2) David, geb. 1590 zu Chalons-sur-Marne, gest. 1655, einer der gelehrtesten Theologen und Historiker seiner Zeit, ein Hauptverteidiger des Protestantismus gegen dessen katholische Gegner, zuerst Prediger zu Houdan, später Professor der Geschichte an der École illustre zu Amsterdam. Er schrieb unter anderm: »Pseudo-Isidorus et Turrianus vapulantes« (Genf 1628) und »De la primauté de l'Église« (das. 1641).

3) Georges, franz. Nationalökonom, geb. 8. März 1856 in Dijon, Professor an der Universität zu Lyon, später an der zu Lille, zur Zeit Titularprofessor an der Handelshochschule und am Collège der Sozialwissenschaften. B. studierte auch an deutschen Universitäten und arbeitete hauptsächlich auf historischem Gebiet in den Seminaren von Mommsen und Brunner (vgl. seine Dissertation: »Étude sur la politique de l'empereur Frédéric II«, 1892). Die meisten seiner Schriften beschäftigen sich mit den volkswirtschaftlichen und sozialen Zuständen Deutschlands, so besonders die »Études sur les populations rurales de l'Allemagne« (mit andern, 1897) und »L'essor industriel et commercial du peuple allemand« (3. Aufl. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 68.
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