Dolgorukij

[89] Dolgorukij (Dolgorukow), eine der ältesten fürstlichen Familien in Rußland, die ihren Ursprung von Rurik ableitet. Die namhaftesten Mitglieder derselben sind: Jakow, geb. 1639, gest. 24. Juni 1720, ward 1687 zum Gesandten in Paris, dann von Peter I. zum Präsidenten des Tribunals der kaiserlichen Dekrete und zum General ernannt, nachdem er sich bei der Eroberung von Asow ausgezeichnet hatte. 1700 wurde er bei Narwa gefangen, floh aber nach der Schlacht von Poltawa 1710. Der Zar, auf den D. großen Einfluß besaß, ernannte ihn zum Senator. Sein Leben beschrieb Tyrtow (Mosk. 1807–1808, 2 Bde.). – Sein Großneffe war Iwan D., geb. 1710, Sohn Alexeis D., war Günstling des jungen Zaren Peter II. Der Zar verlobte sich 1729 mit seiner Schwester Katharina, starb jedoch bald darauf, worauf Anna den Thron bestieg. Sie befreite sich gewaltsam von den Beschränkungen, unter denen ihr der Staatsrat, an dessen Spitze Iwan und sein Vetter Wasilij Lukitsch D. standen, die Krime übertragen hatte, und die ganze Familie D. ward nach Sibirien geschickt. Iwan ward zwar 1735 zurückberufen, 6. Nov. 1739 aber, der Veruntreuung am kaiserlichen Schatz und der Verschwörung gegen die Kaiserin beschuldigt, mit seinem Vetter Wasilij Lukitsch D. zu Nowgorod hingerichtet. – Wasilij Wladimirowitsch, geb. 1667, gest. 11. Febr. 1746, wurde seit 1715 von Peter d. Gr. zu verschiedenen politischen Missionen gebraucht, aber 1718 auf Anstiften Menschikows als Anhänger des Zarewitsch Alexei verbannt. 1726 von Katharina I. restituiert, ward er von Peter II. 1728 zum Feldmarschall erhoben. Nach dem Falle seiner Familie 1730 auf der Feste Iwanogorod gefangen gehalten, ward er von Elisabeth 1741 in seine Würden wieder eingesetzt und zum Präsidenten des Kriegsrats ernannt. – Wasilij Krimskij, geb. 1722, gest. 1782, eroberte unter Katharina II. 1771 in 15 Tagen die Krim, wovon er den Beinamen Krimskij erhielt. – Georg kommandierte 1794 in Litauen gegen die Polen und nahm Wilna, befehligte 1804 in Korfu, war 1806 Gesandter zu Wien und 1807 in Holland. Er lebte zuletzt in Frankreich und starb daselbst 27. Juni 1829. – Iwan Michailowitsch, geb. 18. April 1764, gest. 16. Dez. 1823 in Petersburg, bekannt als Dichter der Dershawinschen Schule, wird zu den russischen Klassikern gezählt. Seine Gedichte (Petersb. 1806; neue Aufl. 1849, 2 Bde.) zeichnen sich durch Vaterlandsliebe aus. – Die Biographien von Peter Petrowitsch D. (1744–1815) und seinen drei Söhnen Wladimir (1773–1817), Peter (1777 bis 1806) und Michael (1780–1808) enthält das Buch des Großfürsten Nikolai Michailowitsch, »Die Fürsten D., die Mitarbeiter Kaiser Alexanders I. in den ersten Jahren seiner Regierung« (deutsch, Leipz. 1902). – Wasilij, 1849–56 Kriegsminister, wurde dann Chef der dritten Abteilung der kaiserlichen Eignen Kanzlei bis zum Attentat vom 16. April 1866; er starb 18. Jan. 1868 in Petersburg.

Peter Wladimirowitsch, Fürst D., geb. 1807 in Moskau, gest. 18. Aug. 1868 in Bern, zog sich durch seine unter dem Pseudonym Graf Almagro veröffentlichte Schrift »Notice sur les principales familles de la Russie« (Brüss. 1843; 3. Aufl., Berl. 1858) die Ungnade des Kaisers Nikolaus zu, der ihn eine Zeitlang nach Wjatka verwies, schrieb sodann ein Adelslexikon (Petersb. 1854 f., 4 Bde.) und wurde infolge der Schrift »La vérité sur la Russie« (Par. 1860; deutsch, Leipz. 1862) zur Konfiskation seiner Güter und zur Verbannung aus Rußland verurteilt. Wegen eines skandalösen Prozesses 1861 aus Paris gewiesen, lebte er zuletzt in Genf. D. schrieb unter anderm eine Geschichte seiner Familie (russ., Petersb. 1840); »De la question du servageen Russie« (Par. 1861); »La question russo-polonaise et le budget russe« (das. 1861); »Des réformes en Russie« (Brüss. 1862); »La France sous le régime bonapartiste« (Lond. 1864, 2 Bde.) und »Mémoires« (Genf 1868–71, Bd. 1 u. 2, unvollendet).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 89.
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