Herzog Ernst

[255] Herzog Ernst, niederrhein. Gedicht eines unbekannten Verfassers aus dem 12. Jahrh., nur in geringen Bruchstücken vorhanden. Vollständig besitzen wir es in zwei Umarbeitungen, die eine noch aus dem Ende des 12. Jahrh., die andre aus dem 13. Jahrh. Diese letztere, wahrscheinlich von Ulrich von Eschenbach verfaßt, ist abgedruckt inv. d. Hagen und Büschings »Deutschen Gedichten des Mittelalters« (Berl. 1818). Nach dem deutschen ursprünglichen Gedicht wurde ein lateinisches in Herametern von einem Dichter Odo um 1206 verfaßt (in Martènes »Thesaurus anecdotorum«, Bd. 3) und zugleich eine lateinische Prosa (Haupts »Zeitschrift für deutsches Altertum«, Bd. 7), auf der wiederum das deutsche Volksbuch des 15. Jahrh. beruht. Ferner existiert noch eine strophische Bearbeitung in dem sogen. Herzog Ernst-Ton oder dec Verner Weise (13zeilige Strophe) aus dem 14. Jahrh. (vgl. Hügel in Paul und Braunes »Beiträgen«, Bd. 4), wovon sich eine abgekürzte Bearbeitung in der Dresdener Handschrift des Heldenbuches (s. d.) findet. Über die Sage, die zweierlei historische Begebenheiten (den Aufstand Herzog Ernsts II. von Schwaben gegen seinen Stiefvater Konrad II. und die Geschichte Liutolfs, der sich gegen seinen Vater Otto I. empörte) vermischt und verwechselt, hat namentlich Uhland gehandelt in seiner Inauguralrede (abgedruckt in den »Schriften zur Geschichte der Dichtung und Sage«, Bd. 5, Stuttg. 1870) sowie Dümmler in der »Zeitschrift für deutsches Altertum«, Bd. 14 (1869); der zweite Teil des Gedichts enthält eine abenteuerliche Fahrt nach dem Orient. Eine neue Ausgabe besorgte Bartsch (Wien 1869); sie enthält die Bruchstücke, die ältere Umarbeitung, das Lied und das deutsche Volksbuch.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 255.
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