Holzverarbeitung

[512] Holzverarbeitung, die Umwandlung des in passenden Vorformen in den Handel gebrachten Holzes in Gebrauchsgegenstände, sondert sich nach einzelnen Gewerben (Zimmermann, Tischler, Böttcher, Stellmacher, Drechsler, Bildhauer, Holzschneider, Korbmacher etc.) sowie nach gewissen Erzeugnissen (Schuhstifte, Zündhölzer, Holzgewebe, Holzgeräte, Kistchen, Spielwaren, Modelle, Leisten, Bilderrahmen u. dgl.; vgl. Holzgeräte). In allen Fällen handelt es sich zunächst je nach der Bestimmung der Gebrauchsgegenstände um die Auswahl der Holzart und sodann um Berücksichtigung der Eigenschaften des Holzes, namentlich des Schwindens und des Quellens, wegen der damit verbundenen erheblichen Größen- und Formveränderungen (Schwinden und Werfen). Zur Vermeidung oder Einschränkung derselben läßt man die Faserrichtung mit den größern Dimensionen des Arbeitsstückes zusammenfallen, verarbeitet möglichst trocknes Holz, furniert die Gegenstände oder setzt sie aus mehreren und vielen Teilen zusammen (Parkett, Billardqueues, Stuhlsitze, Gußmodelle etc.). Zum Schutze gegen das Zerreißen erfolgt das Zusammenfügen oft so, daß einzelne Teile eine Beweglichkeit behalten (Füllungen in Türen, Verkleidungen u. dgl.).

Zur weitern Verarbeitung des Holzes sind nebst den zahlreichen Werkzeugen Werkzeugmaschinen (Sägen, Hobelmaschinen, Fräsmaschinen, Bohrmaschinen etc.) in Gebrauch. Arbeitsstücke von gebogener Gestalt erhält man entweder aus krumm gewachsenem, aus krumm geschnittenem oder wegen der größern Festigkeit aus künstlich gebogenem Holz. Da das frisch gefällte Holz sehr biegsam ist und eingezwängt getrocknet die gebogene Form behält, so erzeugt man z. B. aus frischen gespaltenen Eichenstämmchen Radreifen etc. Fabrikmäßig (z. B. zur Anfertigung gebogener Möbel) wird das oberflächlich vorbearbeitete Holz in Wasserdampf erweicht, in eiserne Formen oder Gerüste von gewünschter Gestalt gezwängt und so eingepreßt getrocknet, wobei zum Einzwängen mitunter besondere mechanische Vorrichtungen (Holzbiegmaschine) gute Dienste leisten. Auch Faßdauben, Hölzer zu Kutschengestellen und Wagen überhaupt, zum Schiffbau etc. werden aus gebogenem Holz dargestellt (vgl. Exner, Das Biegen des Holzes, 3. Aufl., Weim. 1893; Andés, Die Holzbiegerei, Wien 1903). Das mit dem Hobel u. bearbeitete Holz unterliegt zur Verschönerung der Oberfläche dem Abziehen mit der Ziehklinge (federhartem Stahlblech), deren Kante durch Streichen mit einem glatten, glasharten Ziehklingenstahl einen seinen schabenden Grat erhält, dann dem Abschleifen mit Bimsstein und Leinölfirnis (oder Talg oder Wasser), mit Sand- oder Glaspapier mittels der Hand oder Schleifmaschinen, deren wirksamer Teil eine mit Filz gefütterte und mit Sandpapier überzogene rotierende Holzscheibe ist. Als letzte Arbeit folgt das Polieren oder bei ordinärer Arbeit Anstreichen und Lackieren. Zur Erzeugung dünner Brettchen für Kistchen wird nach dem Verfahren von E. Kirchner in Leipzig-Sellerhausen das wenn möglich noch vollkommen grün erhaltene Holz der Erle, Zeder, Buche, Tanne, Fichte, Kiefer, Espe etc. als Rundholz in Längen von etwa 1 m zunächst gedämpft und in nassem Zustand auf die Bretterschneidmaschine gebracht, die aus dem Schneidzeug und dem Stellzeug besteht. Das Schneidzeug ist ein scharfgeschliffenes Messer an einem Schieber, der mittels zweier Zugstangen so schräg ab- und aufwärts bewegt wird, daß es bei der Abwärtsbewegung eine Scheibe von dem vorgelegten Holz abtrennt. Das Stellzeug führt das Werkstück nach jedem Schnitt um die jedesmalige Brettstärke dem Messer entgegen. Zu dieser Bewegung dient ein Tisch mit Einspannvorrichtungen und mittels zweier horizontaler Schrauben verschiebbar, die, durch Kegelräder angetrieben, nach jedem Schnitt sich entsprechend drehen und den Tisch vorschieben. Diese Maschine liefert in der Minute 60 Brettchen in einer Länge bis 1 m, einer Breite bis 300 mm und einer Stärke von 1–8 mm. Diese nassen Bretter gelangen zwischen eisernen, mit Dampf geheizten Platten in eine Vortrockenpresse und darauf in eine hydraulische Dampftrockenpresse, die aus zehn eisernen Hohlplatten von 1 qm Fläche besteht, die, mit Dampf geheizt und mit Kupfer bedeckt, die zwischengelegten Bretter unter einem Druck von 70 Atmosphären in wenigen Minuten vollständig austrocknen und dabei eben pressen. Nach einem andern Verfahren (Frankenthaler Holzindustrie) geschieht die Zerteilung des gedämpften Holzes durch Abschälen des 1 m langen Stammes, indem letzterer vor dem Schneidzeug vorbei gedreht wird. Oft werden die Brettchen behufs Imitation wertvollerer Hölzer auch noch gefärbt und zwischen ziselierten Walzen mit einem bestimmten Muster versehen. Vgl. Stübling, Bearbeitung und Verwendung der Hölzer und plastischen Materialien (Berl. 1898) und Technischer Ratgeber auf dem Gebiete der Holzindustrie (Leipz. 1901); H. Fischer, Die Holzbearbeitungsmaschinen (das. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 512.
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