Judith

[351] Judith, 1) jüd. Heldin, Witwe eines gewissen Manasse in Betylua (bei Luther Bethulia), rettete ihre von Holofernes, dem Feldherrn des Königs Nebukadnezar, belagerte (sonst unbekannte) Vaterstadt, indem sie ins feindliche Lager ging, den Feldherrn durch ihre Schönheit betörte und ihm, als er trunken gemacht und eingeschlafen war, mit seinem eignen Schwert den Kopf abhieb, worauf die Einwohner das feindliche Heer in die Flucht schlugen. Das Buch J., ursprünglich und wohl zur Zeit der Makkabäer hebräisch geschrieben, dann in der griechischen Übersetzung den Apokryphen einverleibt, ist eine Dichtung, die der Glaubensstärkung und Erbauung diente. Die Tat der J. ist oft zum Gegenstand künstlerischer Darstellung gemacht worden, z. B. Erzgruppe von Donatello in der Loggia dei Lanzi zu Florenz; Bilder von Luk. Cranach, C. Allori, Horace Vernet, Riedel, Sichel etc.; auch dichterisch, besonders in dramatischer Form, wurde sie häufig behandelt, z. B. von Hans Sachs (1551), Martin Opitz (1635), Friedr. Hebbel (1840) u. a. Vgl. Kautzsch, Die Apokryphen und [351] Pseudepigraphen des Alten Testaments (Tübing. 1900), Bd. 1, S. 147 f., wo die Literatur angegeben ist.

2) Gemahlin Kaiser Ludwigs des Frommen, Tochter des bayrischen Grafen Welf, ward 819, vier Monate nach dem Tode von Ludwigs erster Gemahlin, Irmengard, mit dem Kaiser vermählt und gebar ihm 823 Karl den Kahlen. Schön und gebildet, beherrschte sie bald ihren Gemahl und erregte dadurch den Neid und den Argwohn ihrer Stiefsöhne, die sie des Ehebruchs mit ihrem Günstling, dem Markgrafen Bernhard von Barcelona, beschuldigten und den Kaiser 830 zwangen, J. in ein Kloster zu schicken. Bald wieder befreit, erregte sie durch die parteiische Bevorzugung ihres Sohnes Karl 832 einen neuen Aufstand der Söhne, wurde nach dem Verrat der letztern auf dem Lügenfeld bei Thann im Elsaß 833 nach Tortona in Italien gebracht, kehrte aber 834 nach ihres Gemahls Wiedereinsetzung nach Aachen zurück. Durch vorsichtige Mäßigung behauptete sie sich nun auf dem Thron und starb drei Jahre nach Ludwig dem Frommen, 19. April 843, in Tours.

3) Tochter des Herzogs Arnulf von Bayern, eine schöne und kluge Frau, seit 937 mit Ottos J. Bruder Heinrich vermählt, der 948 auch Bayern erhielt, führte nach ihres Gemahls Tod 955 für ihren unmündigen Sohn Heinrich den Zänker die Vormundschaft und verschaffte dem Herzogtum eine mächtige und einflußreiche Stellung. Als die Empörung ihres Sohnes Heinrich gegen Kaiser Otto II. 974 mißlang, nahm sie den Schleier im Marienkloster zu Regensburg, wo sie starb. Die Herzogin Hadwig von Schwaben, die Freundin Ekkehards, war ihre Tochter.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 351-352.
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