Rio Grande do Sul [1]

[5] Rio Grande do Sul, südlichster Staat Brasiliens, zwischen 27°5´- 33°45´ südl. Br. und 49°32´-57°28´ westl. L., grenzt nördlich an Santa Catharina, westlich an Argentinien, südlich an Uruguay, östlich an den Atlantischen Ozean und umfaßt 236,553 qkm.

Kolonien in Rio Grande do Sul.
Kolonien in Rio Grande do Sul.

Die Provinz besteht aus der Cima de Serra im N., einem Hochland (1000–1100 m) aus archäischen Gesteinen und Sandsteinen mit basaltischer Decke, mit schönen Campos und Araukarienwaldungen, das als Serra Geral nach O. und S. abfällt. Der südliche Teil ist meist wellenförmiges Grasland, über das einige Bergrücken bis 600 m emporragen, und eignet sich vortrefflich zur Weide für Pferde und Rinder, die hier in großen Herden gezüchtet werden. An der meist sandigen, nur mit schlechten Ankerplätzen versehenen Flachküste liegt das große Haff Lagoa dos Patos, im N. durch den Guahyba (unterer Jacuhy), im S. durch den aus der Lagoa Mirim kommenden São Gonçalo gespeist und bei Rio Grande mit dem Meer in Verbindung stehend; im N. und W. bildet der Uruguay die Grenze, der von der Serra Geral zahlreiche Zuflüsse empfängt und auch den schiffbaren Ibicuy aufnimmt. Das Klima ist gesund; das gelbe Fieber ist unbekannt. Eis und Schnee sind im Hochland nicht selten, während in der Campanha schroffe Wechsel der Temperatur vorkommen. Die Jahrestemperatur von Nova Petropolis beträgt 19°, die von Pelotas 17,2°; an letzterm Ort fallen 706 mm Regen. Die Besiedelung des Randgebirges, der Serra Geral, erfolgte seit 1824 durch deutsche und italienische Einwanderer, die teils durch die Regierung, teils durch private Unternehmungen ins Land kamen. São Leopoldo ist die älteste deutsche Gründung, es folgten 1826 Torres und Tres Forquilhas, die infolge ihrer ungünstigen Lage in der Entwickelung zurückgeblieben sind. Von Mundo Novo ab beginnt der mehr oder minder zusammenhängende Kranz älterer deutscher Kolonien, der sich am Abhang der Serra Geral bis über Santa Maria hinaus fortsetzt (s. das Textkärtchen). Die größern Siedelungen befinden sich an den Zuflüssen des Rio Jacuhy, wodurch der Transport der Erzeugnisse sehr erleichtert wird, die Bahn am Jacuhy entlang kommt erst in zweiter Linie in Betracht. Hervorzuheben sind Taquara, São Sebastião am Cahy, Estrella am Taquary, Santa Cruz am Pardinho mit Bahnverbindung. Die Kolonien der Italiener, von denen in den 1870er Jahren viel einwanderten, befinden sich oberhalb der deutschen; die Transportverhältnisse sind hier ungünstiger und werden sich erst bessern, wenn die Bahn Neuhamburg-Lagoa Vermelha oder im Tale des Cahy gebaut sein wird. Die wichtigste italienische Kolonie ist Caxias. Durch die starke Einwanderung sind die Bodenpreise am Südabhang der Serra Geral beträchtlich gestiegen, man hat deshalb nach Überschreitung der hochgelegenen Campos, die sich mehr für Viehzucht im großen Stil eignen, in den nördlichen Urwaldtälern, die ihre Wässer dem Rio Uruguay zusenden, neue Kolonien gegründet.[5] Am wichtigsten sind die Regierungskolonie Ijuhy, Neu-Württemberg (s. d.) und Xingu von Dr. Herrm. Meyer und Serro Azul vom Bauernverein geschaffen. Durch die Bahn Santa Maria-Cruz Alta-Passo Fundo sind diese Kolonien etwas zugänglicher geworden. Außer den Deutschen haben sich hier die Polen als tüchtiges Kolonisationselement erwiesen. Die Deutschen bilden auch in den Hauptstädten als Handwerker und Kaufleute einen starken Bruchteil der Bevölkerung. 1890 betrug die Bevölkerung 897,455 Seelen, jetzt schätzt man sie auf 1,200,000, darunter 250,000 deutscher Abkunft, 100,000 Italiener und 20,000 Polen. Hauptbeschäftigungen sind Ackerbau und Viehzucht, doch werden auch Steinkohlen, Gold und silberhaltiges Kupfer ausgebeutet; ferner finden sich Eisen und Zink, Bergkristalle, Amethyste und Achate, die meist zum Schleifen nach Birkenfeld ausgeführt werden. Vornehmlich in den Städten Porto Alegre, Rio Grande und Pelotas werden Woll-, Lein- und Baumwollwaren, Wagen, Bier, Branntwein, Leder, Sättel, Pantoffeln, Mehl hergestellt. Dampfer befahren die Lagoa dos Patos und die in sie mündenden Flüsse sowie den Uruguay und seinen Nebenfluß Ibicuy. Eisenbahnen gehen von den Städten Porto Alegre und Rio Grande ins Innere und streben der Westgrenze bei Uruguayana am Uruguay zu, ihre Länge betrug 1904: 1676 km. Die Ausfuhr, die durch Zölle noch belastet ist, besteht vorwiegend aus Erzeugnissen der Viehzucht, als gesalzenem und getrocknetem Fleisch, Pferden und Maultieren, von denen jährlich Tausende auf den Markt von Sorocaba in São Paulo getrieben werden, Häuten, Talg, Pferdehaar, Knochen. Es betrugen 1903 die

Tabelle

Hauptstadt ist Porto Alegre, wichtige Handelsstädte sind noch Rio Grande und Pelotas. Vgl. Lange, Südbrasilien etc. mit Rücksicht auf die deutsche Kolonisation (2. Aufl., Leipz. 1885); Breitenbach, Die Provinz R. (Heidelb. 1885); »Die Provinz R.« (Ergänzungsheft 96 zu »Petermanns Mitteilungen«, 1889); Hettner, Das südlichste Brasilien (»Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde«, Berl. 1891); Grimm, Heimatkunde des Staates R. (Santa Cruz 1891); Azambuja, Annuario do estado do R. (Porto Alegre 1895); Funke, Deutsche Siedelung über See (Halle 1902) und Aus Deutsch-Brasilien. Bilder aus dem Leben der Deutschen im Staate R. (Leipz. 1902); Jannasch, Land und Leute von R. (im »Export«; Sonderdruck, das. 1905); Königswald, Rio Grande do Sul (Berl. 1898); H. Meyers Ackerbaukolonien Neu-Württemberg und Xingu in R. (Leipz. 1906); Lacmann, Ritte und Rasttage in Südbrasilien (Berl. 1906); »Deutsches Export-Handbuch für Brasilien« (das. 1906); Jannasch, Karte von Südbrasilien, 1:2,000,000 (das. 1902) und Spezialkarte von Santa Catharina und Uruguay, 1:1,000,000, mit Angabe der Kolonien (Leipz. 1907).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 5-6.
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