Simson [2]

[484] Simson, 1) Martin Eduard von, deutscher Rechtsgelehrter und Politiker, geb. 10. Nov. 1810 zu Königsberg i. Pr., gest. 2. Mai 1899 in Berlin, studierte in Königsberg 1826–29 die Rechte, besuchte auch die Pariser Ecole de droit, habilitierte sich 1831 in Königsberg und wurde 1833 außerordentlicher, 1836 ordentlicher Professor des römischen Rechts. 1846 Rat am Tribunal in Königsberg geworden und 1848 in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, wurde er deren Sekretär, 2. Okt. Vizepräsident und 19. Dez. Präsident. Als Präsident stand er an der Spitze der Deputation, die am 3. April 1849 dem König von Preußen seine Wahl zum deutschen Kaiser ankündigte; Ende Mai 1849 schied er aus der Versammlung aus. Im Sommer 1849 in der preußischen Zweiten Kammer einer der gewandtesten Redner der konstitutionellen Partei, führte er 1850 im Erfurter Volkshaus das Präsidium, beschränkte sich aber seit Herbst 1852 auf seine richterliche und akademische Tätigkeit, trat erst 1859 wieder in das preußische Abgeordnetenhaus und war 1860 und 1861 dessen Präsident. 1860 wurde er zum Vizepräsidenten, 1869 zum Chefpräsidenten des Appellationsgerichts in Frankfurt a. O. ernannt. Sowohl der konstituierende wie der erste ordentliche Reichstag des Norddeutschen Bundes und das Zollparlament erwählten S. zum Präsidenten. Am 3. Okt. 1867 überreichte S. die Adresse des Reichstags an den Schirmherrn des Norddeutschen Bundes auf der wiederhergestellten Burg Hohenzollern sowie 18. Dez. 1870 die Adresse vom 10. Dez., durch die dem König Wilhelm I. die deutsche Kaiserwürde angetragen wurde, in Versailles. Nachdem er 1874 eine Wiederwahl zum Präsidenten aus Gesundheitsrücksichten abgelehnt, zog er sich 1877[484] vom politischen Leben zurück, wurde 1879 erster Präsident des neuerrichteten Reichsgerichts in Leipzig und trat 1892 in den Ruhestand. Kaiser Friedrich verlieh ihm 1888 den erblichen Adel. Er schrieb: »Geschichte des Königsberger Obertribunals«. Vgl. B. v. Simson, Eduard v. S. Erinnerungen aus seinem Leben (Leipz. 1900).

2) Bernhard von, deutscher Geschichtsforscher, geb. 19. Febr. 1840 in Königsberg, Sohn des vorigen, war 1863–68 Privatdozent der Geschichte in Jena, stand dann im preußischen Staatsdienst, wurde 1874 außerordentlicher und 1877 ordentlicher Professor der Geschichte zu Freiburg i. Br., trat 1905 von seinem Amte zurück und lebt seitdem in Berlin. Er schrieb: »Jahrbücher des fränkischen Reichs unter Ludwig dem Frommen« (Leipz. 1874–76, 2 Bde.) u. »Jahrbücher des fränkischen Reichs unter Karl d. Gr., 789 bis 814« (das. 1883) als Fortsetzung des Werkes von S. Abel, dessen 1. Band er in 2. Auflage (das. 1888) herausgab; »Die Entstehung der pseudo-isidorischen Fälschungen in Le Mans« (das. 1886); »Eduard von Simson« (s. oben). Auch gab er den 2. Band der »Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg« (Berl. 1865) und den 6. Band von Giesebrechts »Geschichte der deutschen Kaiserzeit« (Leipz. 1895) heraus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 484-485.
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