Thallĭum

[451] Thallĭum Tl, Metall, findet sich mit Kupfer, Silber und Selen im Crookesit (16–18,5 Proz.) und Berzelianit, in geringer Menge in manchen Schwefelund [451] Kupferkiesen, in Zinkblende, im Lepidolith, im Glimmer von Zinnwald, in Corandit, Carnallit, im Badesalz von Nauheim, Orb, Dürrenberg, im Braunstein, in manchen Sorten von Wismut und Kadmium etc. Es geht beim Rösten der Kiese in den Flugstaub und in den Bleikammerschlamm (der z. B. bei Verarbeitung von Meggener Kiesen 3,5 Proz. T. enthält), auch in die Schwefelsäure und aus dieser bei der Darstellung von Salzsäure in letztere über; ebenso findet es sich im Schwefel aus Meggener und spanischen Kiesen, im Schwefel von Lipari etc. Aus Rammelsberger Kiesen gewonnene Lauge, die auf der Juliushütte bei Goslar versiedet wird, ist reich an T. Man gewinnt T. am besten aus Zinklaugen. Es ist kristallinisch, fast zinnweiß, stark glänzend, viel weicher und weniger fest als Blei, gibt auf Papier einen bläulichen Strich, der durch Oxydation bald verschwindet, ist dehnbar, spez. Gew. 11,8, Atomgewicht 204,1, schmilzt bei 290°, verflüchtigt sich in der Rotglut, entwickelt beim Erhitzen violetten Dampf und eigentümlichen Geruch, destilliert im Wasserstoffstrom, oxydiert sich schnell an der Luft und wird daher am besten unter Glyzerin oder Petroläther aufbewahrt. Das verrostete Metall wird im Wasser durch Lösung des Oxyds wieder blank, und sein verteiltes T. löst sich allmählich im Wasser beim Zutritt der Luft. T. löst sich leicht in verdünnter Schwefelsäure und Salpetersäure, schwer in Salzsäure, verbindet sich direkt mit Chlor, Brom, Jod und Schwefel, fällt viele Metalle aus ihren Lösungen und färbt die Flamme schön grün. Das Spektrum zeigt eine einzige hellgrüne Linie von großer Intensität. Seine Verbindungen sind giftig. In seinen niedern Verbindungsstufen ist es einwertig, in den höhern dreiwertig. Mit Sauerstoff bildet es schwarzbraunes Thalliumoxydul Tl2O, das bei etwa 300° zu einer gelben Flüssigkeit schmilzt und sich in Wasser zu Thalliumhydroxydul TlOH löst. Dies bildet gelbe Kristalle, ist leicht löslich in Wasser und Alkohol; die farblose Lösung reagiert alkalisch, schmeckt laugenartig, wirkt ätzend, absorbiert begierig Kohlensäure. Es bildet mit Säuren meist lösliche Salze, aus denen Salzsäure sehr schwer lösliches weißes Thalliumchlorür TlCl fällt, das am Lichte violett wird, leicht schmilzt und zu einer hornartigen Masse erstarrt. Das Karbonat kristallisiert, löst sich leicht in Wasser und reagiert stark alkalisch. Mit kohlensaurem Thalliumoxydul bereitetes Glas ist härter und schwerer als Kaliflintglas und bricht das Licht stärker als alle andern Glassorten. Thalliumsulfat Tl2SO4 bildet Alaune. Thalliumoxyd Tl2O3 ist schwarz, unlöslich in Wasser und Alkalien, gibt leicht Sauerstoff ab. Das Thalliumhydroxyd TlO2H entsteht bei Einwirkung von Ozon auf Thalliumhydroxydul, ist braun, unlöslich in Wasser, gibt mit Säuren die wenig beständigen, meist kristallisierbaren, farblosen Oxydsalze. Man benutzt T. zur Darstellung optischer Gläser (Thalliumglas) und mit Thalliumhydroxydul imprägniertes Papier (Thalliumpapier) als Reagens auf Ozon, auch hat man versucht, Thalliumpräparate an Stelle des Quecksilbers arzneilich zu benutzen. T. wurde 1861 von Crookes entdeckt. Vgl. Jörgensen, Das T. (Heidelb. 1871).

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 451-452.
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