Germanen

[237] Germanen, ist bei den Römern u. Griechen der Gesammtname für die in Deutschland (Germania) wohnenden u. nach Gallien hinüber gekommenen Völkerschaften; doch wurde er in dieser Ausdehnung etwa erst seit den Feldzügen Cäsars in Gallien gebraucht. Schon vorher war der Name, wenigstens zur Zeit des Cicero (56 v. Chr.), in Rom bekannt, doch bezeichnete man damit nur einzelne, den Galliern benachbarte Völkerschaften, wie nach der Aussage des Tacitus unter Andern die Tungri; schon zu Cäsars Zeit wurde eine Gruppe kleiner, weniger zahlreicher Völkerschaften, wie die Condrusi, Segui, Eburones, Cäräsi, Pämani, die um die Ardennen in der Nachbarschaft gallischer Stämme wohnten, unter dem Namen G. zusammengefaßt. Der Name, welcher durch die Gallier zu den Römern gelangte, ist (trotz der vielen, aber durchaus mißlungenen Etymologien, etwa von ger [Spieß] od. wer [Wehrmänner] u. dgl.) nicht deutschen (od. gar lateinischen, von germanus, verschwistert, verbrüdert), sondern celtischen Ursprungs u. wurde den von den Galliern gefürchteten kriegerischen deutschen Nachbarn nach Leo, I. Grimm u. Brandes wegen des bei ihnen zu Beginn der Schlacht üblichen Kriegsrufs (kymrisch garm, irisch gairm d.i. Schall, Ruf) beigelegt, od. bedeutet einfach (nach Zeuß's sprachrichtigerer Ableitung vom kymrischen ger, altirisch gair, benachbart, gaelisch gair, Nachbarschaft) Nachbarvölker. Die Deutschen selbst, welche bis tief ins Mittelalter herein keinen Namen für ihre nationale Gesammtheit besaßen, kannten daher den Namen G. nicht; wo derselbe bei den Deutschen selbst erscheint, ward er ihnen (so wie den Engländern) durch die Herrschaft Roms u. der Römischen Kirche auf administrativem od. literarischem Wege zugeführt. Im 3. Jahrh. wird von den Römern sehr häufig der Stamm der Alemannen mit dem Gesammtnamen Germanen bezeichnet; später bei den Galliern u. bei den byzantinischen Schriftstellern findet sich der letztere für Franken gebraucht. Die neuere Geschichts- u. Sprachforschung hat den Namen Germanen zur Gesammtbezeichnung für alle zu demselben Stamm gehörigen Völker, die auch außerhalb Deutschlands gewohnt haben od. noch wohnen, erhoben, wie für die Friesen, Gothen, Niederländer, Skandinavier, Engländer; s. Germanische Völker.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 237.
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