Grimm

[651] Grimm, 1) Herm. Nikol., geb. in Gothland, Arzt in Stockholm, bereiste in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. Ostindien in botanischem Interesse. 2) Friedr. Melch., Freiherr von G., geb. 1723 in Regensburg, ging nach Beendigung seiner Studien nach Paris, wo er sich mit Musik beschäftigte, später Secretär des Herzogs von Orleans u. 1776 Resident des Herzogs von Gotha wurde u. zugleich für die Kaiserin Katharina II. von Rußland literarische Bulletins schrieb; beim Ausbruch der Revolution verließ er Paris u. wurde 1795 russischer Staatsrath u. Ministerresident in Hamburg; später kehrte er nach Gotha zurück, wo er den 19. Dec. 1807 starb. Er schr. u.a.: Correspondance littér., philos. et crit., Par. 1812, 16 Bde., Lond. 1814 (deutsch Brandenb. 1820 ff., 2 Bde.), neue vervollständigte Ausg. Par. 1829, 15 Bde. 3) Joh. Friedr. Karl, geb. 1737 in Eisenach; er st. 1821 als herzoglich gothaischer Leibarzt u. Geh. Hofrath u. schr. u.a.: Abhandlungen von den Mineralwassern in Ronneburg, Altenb. 1770, u. übersetzte den Hippokrates, ebd. 1781–92, 4 Bde. (unvollendet). 4) Jakob Ludw. Karl, geb. den 4. Jan. 1785 zu Steinau an der Straße in der kurhessischen Provinz Hanau, erhielt seine Vorbildung auf dem Lyceum in Kassel, studirte seit 1802 unter Savigny die Rechte, folgte diesem 1805 nach Paris, wurde 1806 Secretär im Kriegscollegium zu Kassel, 1808 königlicher (westfälischer) Bibliothekar u. widmete seine Muße dem Studium der Literatur u. Dichtkunst des Mittelalters; 1809 wurde er Auditor im Staatsrath, 1814 hessischer Legationssecretär im Hauptquartier der Verbündeten u. 1815 beim Wiener Congreß; 1830 ging er als Bibliothekar u. Professor nach Göttingen, wo er über Deutsche Sprache, Rechtsalterthümer u. Literaturgeschichte las, trat[651] dort 1837 der Protestation der Sieben Professoren (s.u. Hannover [Gesch.]) bei, wurde in Folge davon entlassen (vgl. Jak. G. über seine Entlassung, Basel 1838) u. des Landes verwiesen; er lebte seitdem zurückgezogen in Kassel u. wurde 1841 als Mitglied der Akademie nach Berlin berufen, wo er wieder Collegien las; auf den beiden Germanistenversammlungen in Frankfurt u. Lübeck, 1846 u. 1847, führte er den Vorsitz, wurde 1848 für Berlin in die Constituirende Nationalversammlung nach Frankfurt gewählt u. betheiligte sich 1849 beim Nachparlament in Gotha. G. ist der Begründer der historischen Grammatik der Deutschen Sprache, wie der historischen Sprachforschung überhaupt. Er schr.: Über den altdeutschen Meistergesang, Gött. 1811; Deutsche Grammatik, ebd. 1819, Bd. 1, 3. Aufl. 1840, Bd. 2–4 1826–37, 2. Abdruck 1853; Deutsche Rechtsalterthümer, ebd. 1828; Deutsche Mythologie, ebd. 1835, 2. Aufl. 1843; Geschichte der Deutschen Sprache, Lpz. 1848, 2 Bde., 2. Aufl 1853; Über den Ursprung der Sprache (aus den Abhandlungen der Berliner Akademie der Wissenschaften), ebd. 1852, 4. Aufl. 1858; mit dem Folgenden das Deutsche Wörterbuch (Lpz. 1852–59, 2 Bde.), in welches der gesammte neuhochdeutsche Sprachschatz von Luther bis Goethe niedergelegt werden soll. Gab heraus: Weisthümer, Gött. 1840, 3 Bde.; Silva de romances viejos, Wien 1815; Hymnorum veteris eccles. XXVI interpretatio theot., Gött. 1830; Reinhard Fuchs, Berl. 1834; Andreas u. Elene, Kaff. 1840; übersetzte Wuk Stephanowitschs Serbische Grammatik, Lpz. 1824; mit dem Folgenden gab er heraus, u. übersetzte: Kinder- u. Hausmährchen, Berl. 1812 f., 3 Bde., 7. Aufl. ebd. 1857; Altdeutsche Wälder, Kass. 1813–16, 3 Bde.; Die Lieder der alten Edda, Berl. 1815; Deutsche Sagen, ebd. 1816–18, 2 Bde.; Irische Elfenmährchen, Lpz. 1826. 5) Wilh. Karl, des Vor. Bruder, geb. den 24. Febr. 1786 in Steinau, studirte von 1804 an in Marburg die Rechte, wurde 1814 Kriegs- u. Bibliothekssecretär in Kassel, ging mit seinem Bruder 1830 nach Göttingen, theilte mit ihm 1837 gleiches Schicksal, lebte darauf mit ihm in Kassel u. ging 1841 mit ihm nach Berlin; er schr.: Über die deutschen Runen, Gött. 1821; übersetzte: Altdänische Heldenlieder, Balladen u. Mährchen, Heidelb. 1811; gab heraus: Grave Ruodolf, Gött. 1828, 2. Aufl. 1844; Die deutsche Heldensage, ebd. 1629; Den Freidank, ebd. 1834; Den großen Rosengarten, 1836; Das Rolandslied, ebd. 1838; Wernhers von Niederrhein Veronica, ebd. 1839; Konrads von Würzburg Goldene Schmiede, Berl. 1840; Athis u. Prophilias, ebd. 1946; Nachtrag, Gött. 1852; Exhortatio ad plebem christian., verbunden mit einer Abhandlung über die Glossae Cassellaneae, Berl. 1848; Über die deutschen Fingernamen, ebd. 1848; Altdeutsche Gespräche, ebd. 1651; auch Achim von Arnims Werke, ebd. 1839. 6) Ludwig Emil, Bruder der Vorigen, geb. 1790 in Steinau, widmete sich der Malerei u. dem Radiren, besuchte von 1808 an die Akademie in München, nahm 1813 an dem Freiheitskriege Theil, reiste 1817 nach Italien u. ließ sich dann in Kassel nieder, wo er 1832 Professor an der Malerakademie wurde. 1823 erschien von ihm eine Sammlung von 36 Blättern. Außerdem hat man von ihm eine große Anzahl Bildnisse u. Radirungen. 7) Karl Ludwig Wilibald, geb. 1807 in Jena, 1833 Privatdocent der Theologie u. seit 1837 Professor daselbst; er schr.: De Joanneae christologiae indole Paulinae comparata, Lpz. 1833; Commentar über das Buch der Weisheit, Lpz. 1837; Glaubwürdigkeit der evangelischen Geschichte, Jena 1845; Institutio theologiae dogmaticae evangelicae, ebd. 1848; die 3. Liefr. von O. F. Fritzsche's Kurzgefaßtes exegetisches Handbuch über die Apokryphen des A. T. (Commentar zu den Büchern der Makkabäer), Lpz. 1853, u.a. 8) Jul. Ludw., geb. 1806 in Wetzlar, begründete das Geographische Verlagscomptoir in Berlin u. st. 1834; Landkartenzeichner; verfertigte den pneumatisch-portativen Erdglobus (12 Fuß im Umfang) 1832; gab mehrere Schulatlanten heraus u. den großen. Atlas von Asien, Berl. 1833, fortgesetzt von Ritter u. O' Etzel. 9) Hermann Friedrich, Sohn von G. 5), geb. 1828 in Kassel; er schr. einige Dramen u. die größere Dichtung Traum u. Erwachen, Berl. 1854.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 651-652.
Lizenz:
Faksimiles:
651 | 652
Kategorien: