Eisenach

[571] Eisenach, 1) der westliche Theil des Großherzogthums Sachsen-Weimar, umfaßt das alte Fürstenthum E., die ehemals Hennebergischen Ämter Ostheim u. Kaltennordheim (Enclave in Baiern), die Fuldaischen Districte Geisa u. Dermbach, die hessischen Ämter Völkershausen, Frauensee u. Vach, das ritterschaftliche Amt Lengsfeld u. noch einige Enclaven in Gotha u. Meiningen, umschließt aber auch von diesen kleinere Theile als Enclaven; wird begrenzt im N. durch die preußische Provinz Sachsen, im O. durch Gotha u. Meiningen, im S. von Baiern u. im W. durch Kurhessen; ist sehr bewaldet u. gebirgig, nördlich durch den Thüringer Wald, mit den höchsten Spitzen Vogelhaide u. Ringberg, u. südlich durch die Rhön, mit dem Elnbogen, Beierberg, Geiferwald u. Ochsenberg; Hauptfluß des Landes ist die Werra, welcher rechts die Hörsel mit Neffe, links die Felde u. Ulster zufließen; südlich fließt zur Fränkischen Saale die Streu. Der Boden ist ziemlich unfruchtbar u. liefert bei dem rauhen Klima wenig Getreide u. Flachs, viel Holz, dann Kupfer, Eisen, Vitriol, Alaun u. Salz; die Rindvieh- u. Schafzucht ist stark. Die Industrie schafft bes. Wollenzeuge, Barchent, Leinwand, Eisen-, Stahl-, Horn- u. Holzwaaren. Eingetheilt ist der Kreis in die Ämter Krainberg, Kreuzburg, Dermbach, Eisenach, Geisa, Gerstungen, Kaltennordheim, Ostheim, Vacha u. Lengsfeld, u. umfaßt 22 QM mit 80,600 Ew., der großen Mehrzahl nach Protestanten. Eisenbahnen hat der Kreis zwei, die Thüringer Bahn (von Weimar über E. nach Kassel) u. die Werrabahn (von E. über Salzungen nach Lichtenfels). – Das Fürstenthum E. gehörte früher zu Thüringen (s.d.). 1440 starb der thüringisch-meißensche Stamm aus, E. fiel mit dem übrigen Thüringen an Sachsen u. Kurfürst Friedrich der Sanftmüthige gab es bei der Theilung seinem Bruder Wilhelm. Bei dessen Tod 1483 fiel es wieder zurück, kam 1485, in der Theilung zwischen Ernst u. Albert von Sachsen, zu des Ersteren Portion u. blieb auch bei dessen Nachkommen. Als die Söhne von Johann Friedrich dem Mittlern, welcher 1595 gestorben war, einen Theil ihres Lehns, die Gegend von Koburg u. E., wieder erhielten u. 1596 theilten, stiftete der jüngere, Johann Ernst, a) die ältere Linie E.; er st. 1638 kinderlos, nachdem er seinen Bruder beerbt hatte, u. sein Land fiel wieder an den Herzog Wilhelm von Weimar, seinen Vetter, s. Sachsen (Gesch.). Dieser theilte 1640 mit seinen Brüdern. Albrecht, der 7. Sohn des Herzogs Johann von Weimar, erhielt E. u. stiftete so b) die mittlere Linie E., die aber schon 1644 mit ihm erlosch Das damalige E. wurde nun unter die zwei überlebenden[571] Brüder Wilhelm u. Ernst getheilt, s. Sachsen (Gesch.). Schon 1672 theilten die Söhne Wilhelms von Weimar; der fünfte, Georg, erhielt E. u. stiftete c) die jüngere Linie E., die aber mit dessen Enkel, Wilhelm Heinrich, 1741 für immer erlosch. E. kam nun definitiv an Weimar, s. Sachsen (Gesch.). 2) Amt darin, u. 3) Hauptstadt des ganzen Kreises u. Fürstenthums, an der Neffe u. Hörsel, mit Ehrensteig u. dem Dorfe Fischbach, die beide eine Vorstadt bilden; hat Residenzschloß, Appellations- u. Kreisgericht, Gymnasium, Forstinstitut, Schullehrerseminar, Realschule, 2 Bürgerschulen, höhere Töchter-, Zeichnen-, Hebammenschule, Bibelgesellschaft, Leih- u. Pfandhaus, Botanischen Garten in der ehemaligen Karthause, Waisen- u. Blindeninstitut, Zucht- u. Zwangsarbeitshaus, Stadtkrankenhaus u. mehrere andere wohlthätige Anstalten; die Fabrikation von Tuch, Wollzeugen, Farben u. Bleiweiß, Wollspinnerei u. Handel wird schwunghaft betrieben; die Thüringisch-sächsische Eisenbahn hat hier eine Hauptstation; 9980 Ew. E. ist Geburtsort Joh. Seb. Bachs. An der Südseite der Stadt stehen hohe Felsenberge mit den Ruinen der Burg Mädelstein (Mittelstein) u. der senkrecht gespaltene Felsen, Mönch u. Nonne genannt; höher hinauf die Wartburg (s.d.). – E., 1070 von Ludwig dem Springer angelegt, wurde wegen der nahen Wartburg, der Residenz der Landgrafen von Thüringen, bald eine bedeutend reiche Stadt. 1597 wählte es Johann Ernst statt Marksuhls zur Residenz; 1636 litt die Stadt durch Brand u. Plünderung von Seiten der Schweden; 1640–44 u. 1672–1741 war es Residenz einer eignen Seitenlinie von Weimar; 1742 erbaute Herzog Ernst August von Weimar das neue Schloß auf dem Markte, nachdem er das alte auf der Esplanade hatte abtragen lassen; 1810 wurden beim Auffliegen von fünf französischen Pulverwagen zwei Straßen vernichtet u. viele Einw. getödtet. An der Stelle der beiden Straßen ist setzt der Explosionsplatz. Seit 1852 werden hier Kirchenconferenzen der Deutschen evangelischen Kirche, von den Regierungen beschickt, gehalten. 1856 tagte in E. die 12. Conferenz der Zollvereinsstaaten. Vgl. Mei, Beschreibung der Stadt E., Eisen. 1821; Storch, Beschreibung der Stadt E., ebd. 1837; Senft, Geognostische Beschreibung der Umgegend von E., ebd. 1857.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 571-572.
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