Ruder

[429] Ruder, 1) (Rieme, Riem), Werkzeug zur Bewegung der Fahrzeuge. Ein R. besteht aus einem ziemlich langen Stück Eschen- od. anderem harten, auch wohl kiefernen od. tännenen Holz. Der unterste, im Wasser befindliche Theil (Blatt) ist platt u. am äußersten Ende am breitesten; das oberste runde Ende (Pinne, Ruderstock) dient zum Handgriff, um das R. zu bewegen. Der mittlere Theil ist viereckig, damit er fest auf dem Dollbord, welcher ihm beim Rudern zur Unterlage dient, aufliege. An beiden Seiten des Vierecks sind zur Verstärkung platte Hölzer angenagelt, damit das R. selbst an dieser Stelle durch die beständige Reibung gegen die Dullen od. Rojeklampen keinen Schaden leide. Die Länge der R. richtet sich bei Seeschiffen nach der Größe der Fahrzeuge, bei Schaluppen u. Böten sind sie 10–18 Fuß lang. In Frankreich befestigt man sie vermittelst eines Stropps an einen Dullen. Bei den Engländern u. anderen Nationen legt man sie zwischen Rojeklampen u. auf kleinen Schaluppen nur gegen die Dullen. Auf Fregatten, Kapern u. andern zu in Kriege ausgerüsteten Schiffen findet man auch wohl R., welche 30–45 Fuß lang sind, theils um die Schiffe fähiger zu machen, während eines Gefechts die vortheilhafteste Lage gegen den Feind anzunehmen; theils aber auch Gelegenheit zu haben, bei Windstille einem überlegenen Feind leichter zu entfliehen od. einen schwächern einzuholen. Diese R. gehen durch, an den Seiten der Schiffe befindliche Rojepforten (Ruderpforten), deren man nach der Größe des Zwischenraums zwischen 2 Kanonen 1–2 anordnet. Auch die größeren Flußkähne werden bei stillem Wetter zuweilen durch R. (Pütschen) bewegt u. geben eben so den großen Holzflößen bei der Fahrt hinten u. vorn die Direction. Die Matrosen, welche an den R-n arbeiten, heißen Ruderknechte, auch werden Galeerensklaven dazu gebraucht; commandirt werden sie von dem Rudermeister mittelst einer kleinen Pfeife. Die 10 Fuß langen, 11/2 Fuß breiten u. 4 Fuß von einander entfernten Bänke an den Seiten des Schiffes, worauf die Ruderknechte sitzen od. stehen, heißen Ruderbänke. Das Rudern selbst geschieht so: das Blatt des R-s wird an der Seite des Fahrzeugs ins Wasser gebracht u. der Handgriff desselben dahin gedreht, wo das Fahrzeug hin soll. Die Geschwindigkeit, mit welcher ein Fahrzeug gerade vorwärts bewegt wird, hängt von dem Übergewichte des Widerstandes des Wassers gegen die schnell durch dasselbe bewegten Blätter der R. über den Widerstand des Vordertheils des Fahrzeugs im Wasser u. davon ab, daß an beiden Seiten des Fahrzeugs gleich starkgerudert werde; ferner kann man vorwärts rudern (rojen, im eigentlichen Verstande des Worts), rückwärts rudern (über Steuer streichen); ein Fahrzeug allmälig durch R. wenden, wenn man an der Seite stärker rudern läßt, von welcher sich das Fahrzeug wegdrehen soll; auch dreht man ein Fahrzeug geschwinder durch R., wenn man an der Seite, nach welcher es sich wenden soll, gar nicht u. allein an der andern Seite rudern läßt; man bewerkstelligt dies am geschwindesten, wenn man an der Seite, nach welcher das Schiff sich drehen soll, über Steuer streichen u. auf der andern vorwärts rudern od. alsdann umrojen läßt. Auch hat man zum Rudern noch andere Vorrichtungen, s. Rudermaschine. Über das Ruderwesen der Alten s.u. Schiff (Ant.); 2) so v.w. Steuerruder; 3) (Brauw.), so v.w. Rührscheit; 4) der meist verzierte Griff an einer Basquille, s.d.; 5) die Füße der Schwimmvögel.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 429.
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