Jänecke, Familie

[508] Jänecke. Friedrich Jänecke, geboren 9. 11. 1798, gestorben 30. Mai 1862, und Christian Jänecke, geboren 28. 6. 1803, gestorben 7. 5. 1877, begründeten im Oktober 1827 mit einer Holzpresse, die noch jetzt aufbewahrt wird, unter der Firma Gebrüder Jänecke in Hannover eine Buchdruckerei, der sich im Laufe der Jahre eine lithographische Anstalt, Schrift- und Stereotypengießerei nebst Galvanoplastik anschlossen, welche Anstalten jetzt über 350 Arbeiter beschäftigen.

Die Inhaber, die 1836 zu Kgl. Hofbuchdruckern ernannt wurden, widmeten sich im ersten Dezenium ihrer geschäftlichen Selbständigkeit vorzugsweise der Hebung ihrer technischen Anstalten. 1842 trat der Sohn Christian Jäneckes, Georg Wilhelm Jänecke, geb. 10. 9. 1827, gest. 20. 12. 1903, als Lehrling in die väterliche Buchdruckerei ein; im Jahre 1855 der Sohn Friedrich Jäneckes, Louis Jänecke, geb. 7. 1. 1840, der jetzige Kommerzienrat und ältester Chef des Hauses. Teilhaber der Firma sind außer ihm der Sohn des verstorbenen Geh. Kommerzienrat Georg Jänecke, Dr. Max Jänecke, geb. 28. 8. 1869, und sein eigener ältester Sohn, Dr. Friedrich Jänecke, geb. 21. 4. 1869. Am 12. Oktober 1902 beging die Firma ihr 75 jähriges Geschäftsjubiläum. Aus der Geschichte der Firma ist die interessanteste Episode die Gründung der jetzt noch den Inhabern der Firma gehörigen politischen Zeitung. Auf Georg Jäneckes Anregung suchten die Gebrüder Jänecke unterm 18. 6. 1847 beim Ministerium des Innern um die Erlaubnis nach, eine »Zeitung für Staatswissenschaft Statistik, Industrie und Handel« herausgeben zu dürfen. Der Minister wollte die Konzession aber nur erteilen, wenn die Bittsteller »einen der Sache gewachsenen Redakteur« nachweisen könnten bezw. nur diesem selbst, nicht den Druckern, sollte die Konzession erteilt werden. Auch als die Firma geltend machte, daß man nur eine Tageszeitung großen Stiles ins Leben rufen wolle, kein wissenschaftliches, nur für Gelehrte bestimmtes Blatt, ging der Minister von seinem ersten Bescheide nicht ab. Kurz entschlossen wandten sich die Brüder mit ihrem Gesuch direkt an den König Ernst August, der indessen nach Anhörung des Ministeriums gleichfalls einen ablehnenden Bescheid erteilte. Georg Jänecke war inzwischen zur weiteren Ausbildung nach Leipzig gegangen. Von hieraus veranlaßte er, daß die Firma Jänecke abermals einkam zur Herausgabe eines Tageblattes, das in keiner Beziehung eine wissenschaftliche[508] Ausbildung voraussetzt und dem Publikum nach dem Muster der Leipziger und Dresdener Tagesblätter, von allem Interessanten, jedoch mit Ausschluß von Politik und Kirche, in Annoncenform die schnellste Kunde giebt«. Auch diesmal verweigerte der Minister seine Zustimmung, weil es »im Wesentlichen seinem Inhalte nach mit den Hannoverschen Anzeigen zusammenfallen würde«. Da kam im Jahre 1848 die Preßfreiheit, sodaß jetzt der Verwirklichung des Planes nichts mehr im Wege stand, wenn sie sich auch in etwas veränderter Weise vollzog. Schon wollte Jänecke ein neues Blatt gründen, als sich ihm eine andere günstige Gelegenheit zur Verwirklichung bot. Die Verleger der »Bremer Zeitung«, die Inhaber der Heyseschen Buchhandlung, hatten nämlich Ende 1848 den Beschluß gefaßt, ihr Blatt von Bremen nach Hannover zu verlegen, da es in ersterer Stadt gefährdet war. Die Gebrüder Jänecke suchten nun Druck und Verlag des Blattes zu erhalten. Am 12. 12. 1848 konnten sie anzeigen, daß vom 1. Januar 1849 an die bisher in Bremen erschienene Bremer Zeitung nunmehr in ihrem Verlage unter dem Titel »Zeitung für Norddeutschland« weiter erscheinen würde. Am 1. April 1850 wurde auch die kleinere »Hannoversche Morgenzeitung« mit dem neuen Blatte vereinigt. 1852 übernahm Georg Jänecke für eine Zeitlang selbst den Verlag des Blattes, das er in eigener Druckerei herstellte. Familienverhältnisse gaben Ende 1852 den Anlaß zur Umwandelung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft, die zugleich auch die »Hannoversche Presse« mit übernahm.

Am 6. September 1854 erschien daneben die erste Nummer des von Carl Rümpler und dem Hofmaler Dr. Friedrich begründeten »Hannoverschen Couriers«, desjenigen Unternehmens, das 18 Jahre später, 1872, mit der »Zeitung für Norddeutschland« vereinigt wurde. 1867 ward die im Jahre 1857 von Carl Meyer begründete »Hannoversche Tagespost« gleichfalls mit der »Zeitung für Norddeutschland« vereinigt.

Im Jahre 1863 gab die Firma Gebrüder Jänecke unter dem Titel »Neue Hannoversche Anzeigen, Intelligenzblatt für das Königreich Hannover« ein neues Blatt unter Leitung von Georg Jänecke heraus. Vom Oktober 1867 ab führte es den Titel »Hannoversche Anzeigen und Morgenblatt«.

Endlich kam im Jahre 1872 auch die kühne Idee Jäneckes, eine Vereinigung der drei Hannoverschen liberalen und preußenfeindlichen Blätter zu erstreben, zur Ausführung, was man wohl[509] als das bedeutendste Ereignis in der hannoverschen Zeitungsgeschichte bezeichnen kann. Es trat die Aktiengesellschaft »Hannover« ins Leben, in deren Besitz die drei Blätter übergingen und zu einer Zeitung dem »Hannoverschen Courier« verschmolzen wurden. Seine heutige äußere Gestalt erhielt das Blatt nach der Einführung der Rotationsmaschinen, 1879. Als Direktor der Zeitungsaktiengesellschaft zeichnete bis 1881 Karl Rümpler, von da ab trat Christian Jänecke an diese Stelle. Nach und nach hatte die Firma Gebr. Jänecke alle Aktien der Gesellschaft an sich gebracht, sodaß 1886 die Auflösung des Aktienbetriebes beschlossen und die Zeitung mit allen Rechten und Pflichten in den Alleinbesitz der Jäneckeschen Firma überging. Ein im Jahre 1888 begründetes Konkurrenzblatt unter dem Titel »Hannoversche Neueste Nachrichten« konnte sich nicht halten, wurde 1894 von Gebr. Jänecke angekauft und ebenfalls mit dem »Hann. Courier« verschmolzen.

Quellen: Journal für Buchdruckerkunst 1899; Kuntzemüller, der »Hann. Courier« 1899; Zeitschrift für Deutschlands Buchdrucker, 1903.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 3. Berlin/Eberswalde 1905, S. 508-510.
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