Schwarze Kunst

[1057] Schwarze Kunst. (Kupferstecherkunst)

Ist eine besondere Art, eine Zeichnung in Kupfer zu graben, die nicht nur in der Behandlung, sondern auch in der Würkung von dem eigentlichen Kupferstechen und dem Radiren sehr merklich abgeht, und ihre eigene Vortheile hat. Das Verfahren dabey besteht überhaupt in folgenden.

Wenn die Platte, so wie zum Kupferstechen, oder zum Radiren geglättet und polirt ist, wird sie mit einem eigenen Instrument so überarbeitet, daß sie nun ganz rauch wird, oder eine durchaus krause [1057] Fläche bekommt, so daß sie nun, nach Art einer fertigen Kupferplatte mit Farb eingerieben und abgedrukt einen durchaus schwarzen Abdruk geben würde. Ehedem brauchte man dazu eine kleine stählerne Walze, nach Art einer sehr feinen Raspel behauen. Aber izt hat man andre Werkzeuge, die den Grund viel feiner bearbeiten.

Auf diesen Grund wird nun die Zeichnung gemacht, und hernach werden die hellern und ganz hellen Stellen durch feines Beschaben und Glätten des Grundes allmählig herausgebracht. Wie also beym Stechen und Radiren, die Schatten und dunkelen Stellen in das Kupfer hineingegraben werden, so wird hier das Helle herausgearbeitet. Für die ganz dunkelen Stellen wird der Grund so gelassen, wie die Walze ihn gemacht hat; für Schatten und halbe Schatten, wird er durch mehr oder weniger Beschaben der Platte, mehr oder weniger helle gemacht. Wenn die Platte fertig ist, so geschieht das Einreiben der Farb und das Abdruken der Platte überhaupt, wie bey den andern Arten der Kupferstiche.

Das Vorzügliche dieser Art besteht in dem sanften Ton der gedrukten Blätter. Weil hier keine Striche und Schraffirungen vorkommen, so sieht ein solches Kupfer wie mit dem Pensel bearbeitet und auf das sanfteste vertrieben aus. Das Nakende, und alles Weiche und Sanfte, wie Haare und Gewand, wird dadurch vollkommen wol ausgedrukt, und bey dem Nakenden hat man das Glänzende nicht zu besorgen, das im Kupferstich zu vermeiden ist. Daher sich die schwarze Kunst vorzüglich zum Portrait schiket, das in der vollkommensten Harmonie kann dargestellt werden.

Freylich wird es bey dieser Behandlung höchst schweer, in kleinern Theilen die höchste Genauigkeit der Umrisse mit der nöthigen Leichtigkeit zu erhalten. Da würkliche Umrisse, die von einigen Künstlern mit schlechtem Erfolg versucht worden, sich durchaus zu dem Sanften des übrigen nicht schiken.

Wiewol diese Kunst viel jünger ist, als das Kupferstechen und Radiren, so ist man doch über ihre Erfindung nicht völlig gewiß. Viele schreiben sie einem ehemaligen Heßischen Officier zu. Aber die gemeineste Sage giebt den berühmten Pfälzischen Prinzen Ruppert, der in England lebte, als den Erfinder derselben an. In Evelyns etwas seltenen kleinen Werk über die Kupferstecherkunst1, findet man ein Originalblatt von diesem Prinzen, das freylich noch etwas unreinlich, aber nicht ohne Schönheit ist. Einige geben die Ehre der Erfindung dem berühmten Ritter Wren. Sollte es ungewiß seyn, daß diese Kunst in England erfunden worden, so hat sie doch gewiß in diesem Land ihre höchste Vollkommenheit erreicht. Withe und Smith die eine große Menge Portraite nach dem berühmten Kneller in schwarzer Kunst herausgegeben, wurden ehedem für die vorzüglichsten Meister darin gehalten. Aber in unsern Tagen ist sie in England doch zu einer größern Vollkommenheit gekommen.2 Eine Unvollkommenheit hat diese Art, daß die Platten, besonders bey dem izt gewöhnlichen fein gearbeiteten Grund, viel weniger gute Abdrüke geben, als die radirten, oder gestochenen Platten. Hundert, bis hundert und funfzig, und bey etwas weniger feinen Arbeit zweyhundert Abdrüke schwächen die Platte schon so, daß man ihr etwas nachhelfen muß, um mehrere zu haben.

1John Evelyn's sculptura, or history and art of chalcographie etc. London 1662. 8. Es ist im Jahr 1755 eine neue Ausgabe davon erschienen.
2Man findet die berühmtesten Meister der neuern Zeit nebst einem Verzeichnis ihrer besten Werke in Füßlins raisonnirenden Verzeichnis der vornehmsten Kupferstecher, das 1771 in Zürich herausgekommen ist, auf der 350 und den folgenden Seiten.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774.
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