Damaskus

[498] Damaskus und Damask, eine sehr alte und der Sage nach von Abraham gegründete Stadt in Syrien, Hauptort des gleichnamigen türk. Paschaliks, welches das südl. Syrien und Palästina umfaßt und seit 1833 zu den vom Pascha von Ägypten verwalteten Provinzen gehört. D. hat 30,000 Häuser, regelmäßige und breite, allein noch ungepflasterte Straßen und 150,000 Einw., der Mehrzahl nach Osmanen und Araber, doch auch gegen 20,000 Christen und 15,000 Juden. Es liegt am Steppenflusse Barady in einer durch Natur und Kunst reichlich bewässerten, darum außerordentlich fruchtbaren Ebene, welche die mohammedan. Schriftsteller als das erste der vier irdischen Paradiese preisen, ist nach allen Richtungen auf mehre Stunden weit von Gärten umgeben, in denen das herrlichste Obst und die köstlichsten Blumen gezogen werden, wovon namentlich die Damascenerpflaume und die hochstämmige Damascenerrose auch in Europa berühmt sind, In D. residirt der griech. Patriarch von Antiochien; es befinden sich daselbst vier Kirchen, zwei Klöster und außer andern christlichen Merkwürdigkeiten wird eine halbe Stunde östl. von der Stadt der Ort gezeigt, wo Paulus bekehrt worden sein soll, nach dem auch die Christen das östl. Thor und eine der Hauptstraßen benennen. Unter den 200 Moscheen in D. wird die vom Khalifen Welid ben Abdel Melik zu Anfang des 8. Jahrh. aus einer früher christlichen und Johannes dem Täufer geweihten Kirche gestiftete für eine der schönsten im türk. Reiche gehalten und jährlich zur Zeit des Ramadan mit 12,000 Lampen beleuchtet; auch ist D. der Sammelplatz der zuweilen 50,000 Köpfe zählenden, alljährlich nach Mekka wallfahrtenden heiligen Karavane, welche der Pascha mit militairischer Bedeckung hin- und zurückbegleiten muß und davon den Ehrentitel Emir Hadschi führt. Um diese Zeit ist auch der von jeher wichtige Handel der Stadt am lebhaftesten und sie gleicht dann einem ungeheuern Jahrmarkte, da die meisten Pilger mit ihrer Reise Handelsunternehmungen verbinden. Die Industrie war ehedem viel wichtiger, allein man verfertigt noch jetzt daselbst viel baumwollene und Seidenzeuche, und die unter dem Namen Damast bekannten Webereien sollen hier erfunden worden sein. Man versteht darunter im Allgemeinen Zeuche mit eingewebten Blumen, Ranken und andern Zeichnungen, die ursprünglich blos einfarbig, nur aus Seide, jetzt aber auch aus Leinen, Baumwolle und Wolle hergestellt werden. Beim seidenen Damast zeigen sich die Muster gewöhnlich auf atlasartigem Grunde und bei weißem, leinenem oder Bildzeuch erscheinen sie auf der rechten Seite glänzend in mattem, auf der linken Seite matt in glänzendem Grunde. Noch im 17. Jahrh. war die Damastweberei nur in Italien bekannt und später erst verbreitete sie sich im übrigen Europa und auch nach Deutschland, wo jetzt seidene Damaste vorzüglich in Berlin und in Rheinpreußen, und leinene in Schlesien, Sachsen, Westfalen, Böhmen, Baiern u.s.w. fabricirt werden. Zu den berühmtesten Erzeugnissen von D. gehören die damascener Klingen, welche in Europa erst seit den Kreuzzügen bekannt geworden sind und sich durch eine so außerordentliche Härte und Dauer auszeichnen, daß man weiche und harte Gegenstände und selbst eiserne Nägel damit gleich leicht und ohne Beschädigung der Klingen soll durchhauen können. Obgleich sich aber in D. noch zahlreiche Eisen- und Stahlarbeiter befinden, scheint doch das Geheimniß ihrer Herstellung verloren gegangen zu sein oder nicht mehr angewendet zu werden, daher man die alten mit ungeheuern Preisen bezahlt. Äußerlich sind dieselben an ihrem geflammten oder wie man von ähnlich gemusterten Zeuchen und Bändern sagt, an ihrem gewässerten Ansehen kenntlich, das zwar durch das Schleifen weggenommen wird, allein nach dem Bestreichen mit Citronensäure stets wiederkehrt; auch sollen sie nach erlittenen Reibungen einen Wohlgeruch von sich geben. In europ. Fabriken werden dem Ansehen und der Güte nach sehr ähnliche Säbelklingen verfertigt, indem man dünne Stäbe von weichem und hartem Stahl oder von Stahl und Eisen zusammenschweißt, damit ihre Härte und Elasticität sich gegenseitig unterstütze, sie dann dreht und windet, zusammenbiegt, wiederholt glüht und ausschmiedet, bis sie zur Herstellung der Klingen selbst tüchtig scheinen, deren geflammtes Ansehen nach einem Anstrich mit einer mit [498] Essig vermischten Auflösung von schwefelsaurem Eisen sich darstellt. Damasciren heißt daher im Allgemeinen, solchen geflammten Stahl hervorbringen, allein man versteht darunter auch ein Verfahren, gewöhnlichen Degenklingen durch Beizen das Ansehen desselben zu geben, sowie das Verfertigen gewisser ausgezeichneter Eisenarbeiten, wie z.B. der damascirten Gewehrläufe, zu denen mehre Eisenstäbe ganz wie bei den Vorarbeiten zu der Säbelklinge behandelt und endlich zu einem Lauf zusammengeschweißt werden; auch pflegt man nur eine dünne Schiene auf diese Art herzustellen, ein schwaches Rohr damit oder auch nur mit ausgeglühtem starken Eisendraht zu umwinden, und das Ganze dann gehörig zusammenzuschweißen. Übrigens wird auch auf den Gewehren durch Ätzmittel und Vorzeichnen mit dem Grabstichel eine, die Güte des Laufs aber keineswegs erhöhende Damascirung hervorgebracht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 498-499.
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