Kleist [2]

[613] Kleist (Heinr. von) wurde 1777 zu Frankfurt a. d. O geboren, war eine kurze Zeit Soldat und widmete sich dann, [613] nachdem er seinen Abschied genommen hatte, zu Frankfurt dem Studium der Rechtswissenschaften. Nachdem er hierauf in Berlin beim Ministerium Beschäftigung gefunden hatte, machte er mehr zu seiner fernern Ausbildung und zu seinem Vergnügen, als in Aufträgen der Regierung, Reisen nach Frankreich und der Schweiz. Nach Berlin 1806 zurückgekehrt, arbeitete er im Finanzministerium, mußte aber nach der Schlacht bei Jena nach Königsberg fliehen und nahm hier, tief bekümmert über das Misgeschick seines Vaterlandes, seine Entlassung. Er ging nach Berlin zurück und gerieth in franz. Gefangenschaft. Nach seiner Freilassung hielt er sich in Dresden auf und gab hier 1808 mit Adam Müller das Journal »Phöbus« heraus. Als Östreich 1809 aufs Neue gegen Frankreich sich rüstete, wollte K. an dem Feldzuge Theil nehmen und eilte nach Wien, als er unterwegs die Nachricht von dem bereits abgeschlossenen Frieden erhielt. Er ging nun wieder nach Berlin und verfiel in immer tiefere Schwermuth; während ihm das Leben in Volk und Staat nur das Bild des Untergangs darbot, erschien ihm auch sein eigner Lebensweg als ein gänzlich verfehlter. Er gab sich 1811 zu Potsdam mit einer ihm gleichgesinnten Freundin selbst den Tod. Berühmt gemacht hat sich Heinrich von K. durch seine Gedichte, namentlich durch seine dramatischen Werke, in denen eine seltene Tiefe und Innigkeit des Gefühls, scharfe Charakterzeichnung, aber auch die trübe Weltansicht sich ausspricht, welche ihm das Leben verbitterte. Sein »Käthchen von Heilbronn« gehört noch immer zu den ausgezeichnetsten und mit dem größten Beifall fortwährend auf allen Bühnen wiederholten Schauspielen. Seine »Gesammelten Schriften« sind von L. Tieck (3 Thle., Berl. 1826) herausgegeben worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 613-614.
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